Um sicher zu sein, daß dieses Unterscheidungsmerkmal allgemeingültig und stichhaltig ist, ließ
ich mir durch Dr. W. K l i e noch vier Proben schicken, welche aber unetikettiert, bloß mit 1— 4
bezeichnet waren, so daß ich nicht wissen konnte, mit welchen Formen ich zu tu n hatte. Ich bestimmte
die Schalen nach den oben kennengelernten Merkmalen, aber das Ergebnis war n i c h t einwandfrei.
Dies beweist aber vorläufig nichts, weil es nicht sicher war, daß die Tiere geschlechtsreif
Blau III. O.
Blau II. O.
a- i
Kg. 1. Hekrocyprti ivcongruem. - Schema des Bildes im Orthoskop bei Einstellung auf dem Krtimmungemittelpunkt.
a: Parthenogenetische Form, b: amphigone Form.
waren, anderseits aber, wie Dr. K l i e bemerkte, das Material schon ziemlich alt war, teils in Formalin,
teils in Glyzerin gelegen, beides nicht ganz säurefrei. Da das Bild durch diese Umstände selbstverständlich
verändert sem konnte, sollen die Untersuchungen fortgesetzt werden, indem einerseits
nur ganz frisches und sicher reifes Material untersucht wird, anderseits werden wir unsere Aufmerksamkeit
auf gleichaltrige Entwicklungsstadien beider Formen ausdehnen.
Xestoleberis-Typus. Er unterscheidet sich von dem vorigen dadurch, daß der Kalk nicht krypto-
kristallinisch, sondern m ik ro k r i s t a l l in i s c h auftritt. Die Bausteine sind sechseckige Kristalle,
welche eventuell (?) als durch Endflächen begrenzte kurze idiomorphe Prismen anzusehen sind. Nach
S c h m i d t gehören hierher: Xestokberis sp., Paradoxosoma sp., Darwinelia sp. Ich habe k e in e solche
Tiere beobachtet.
Candona-Typus. Die Panzerbildung steht mit der Schalenskulptur im Zusammenhang. Die
Skulptur besteht aus punktförmigen Grübchen, welche durch erhabene Leisten geschieden sind. In
jeder Grube befindet sich ein S p h ä r o k r i s t a l l (nicht Sphärit!) Die Sphärokristalle zeigen negative
Kreuze mit verschwommenen Interferenzringen, außerdem die Schale, als solche, ein negatives Kreuz.
Konoskopisch sieht man ein nicht besonders gutes Achsenbüd, welches darauf hinweist, daß die
optischen Achsen gewisser Kristallkomponenten senkrecht zur Oberfläche stehen. Nach S c h m i d t
gehören hierher: Candona (Pa/racandma) euplectella B r . & N o rm ., Loxoameha sp., I/imnocythere fuscata
B r a d y , Oncocypris sp. Aus meinem Material: Candona pratensis, Cytherissa lacustrisjlyocypris deäpiem.
Es sei noch bemerkt, daß mir kein einziger FaU außer dem Candona-Typus während
Untersuchungen bekannt geworden ist, bei dem der Panzer unter — allem A n s c h e in nach — primären
Verhältnissen aus Sphärokristallen zusammengesetzt gewesen wäre. Die sonst vorkommenden Sphärokristalle
sind immer sekundäre Gebilde, welche durch postmortale Umkristallisationen entstehen.
S c h m i d t (3. p. 264) beobachtete außerdem bei Codonocera stdUfera und Vanhöffem große, radiär
gestreifte Sphärokristalle, welche ihre Entstehung offenbar einer Umkristallisation verdanken.
Ich muß hervorheben, daß G. W. M ü l l e r der erste war, der auf die topographischen Verschiedenheiten
der Kalkeinlagerungen aufmerksam machte und d ie s y s tem a tis c h e W ic h tig k e it derselben
betonte. In dieser Richtung wären auf einer breiten Basis angestellte Untersuchungen sehr
erwünscht, um so mehr, weil es sich schon jetzt zeigt, daß Unterschiede innerhalb derselben Gattung
Vorkommen können, z. B .:
Candona Protzi gehört zum Iliodromus-Typus,
„ pratensis „ A Ccmdam-Typus,
„ euplectella ,, ,,]
Paradoxostoma sp. „ „ Xestoleberis-Typus,
,, variabile ,, ,, Iliodromus-Typus.
Wenn ich die Erfahrung aus meiner ganzen Arbeit vorausschicken darf, kann ich sagen, daß
solche Fälle zu den größten Seltenheiten gehören (Idotea, Diastylis, Leptestheria, Caenestheriella) ,
weil die Arten einer Gattung betreffs des T y p u s immer gleich gepanzert sind. Ich Kalte es also
nicht für ausgeschlossen, daß manche Gattungen sich als inhomogen erweisen werden, wenn man die
Arten mit dem Polarisationsmikroskop auf den Bau der Schale untersuchen wird. Ich glaube, daß
eine breitangelegte Untersuchung der Ostracoden mittels dieser Methode manche wertvollen Aufschlüsse
über die Verwandtschaftsverhältnisse ergeben würde und kann deshalb den Spezialisten
diese Methode wärmstens empfehlen.
Die meisten Ostracoden sind benthonische oder nektonische Tiere, die Halocypriden und einige
Cypridiniden aber pelagisch. Hierher gehören die Gattungen Archiconchoeaa G. W. M ü l l e r , Halo-
cypris D a n a , Conchoecia D a n a , Euconchoeda G. W. Mü l l e r , welche alle nur eine schwach verkalkte
Schale besitzen (S t e u e r , p. 207), so daß die Kalkschicht infolge der Konservierung leicht verschwindet
(Mü l l e r , 4. p. 30). Thaumatocypris, welche ebenfalls in diese Familie gehört, und Gigantocypris
(Farn. Cypridinidae) sind ebenfalls pelagische Tiere.
S k o g s b e r g (p. 109—122) h a t die planktischen Anpassungserscheinungen der marinen Formen
einer gründlichen Untersuchung unterzogen und er macht darauf aufmerksam, daß die planktonischen
Ostracoden alle eine Reduktion der Kalkschicht zeigen, wodurch das Gewicht des Körpers verringert
wird. E r weist auch auf die Achalicodermie von Gigantocypris und Thaumatocypris hin.
Wir können also ruhig sagen, daß die pelagischen Ostracoden zwecks Verminderung ihres spezifischen
Gewichtes die Kalkschicht ihrer Schalen reduzieren oder aber keine Kalkschicht zur E n twicklung
bringen. Die durch den Einfluß der planktonischen Lebensweise entstandene Achalicodermie
ist kein primärer Zustand, sondern eine, gegenüber den chalicodermen Urformen, durch Anpassung
erworbene Eigenschaft; wir haben es also mit einer s e k u n d ä r e n A c h a lic o d e rm ie zu tun. Diese
Auffassung wird auch durch die Entwicklungsgeschichte der Philomedes-Aiten unterstützt. Diese
leben bis gewisser Zeit am Grunde und haben gut verkalkte Schalen. Später gehen sie zu planktonischer
Lebensweise über und ihre Schalen sind jetzt verhältnismäßig arm an Kalk (Sk o g s b e r g , p. 116).
Unter den Süßwasserostracoden wird Notodromas monacha als pelagisch angesprochen; sie besitzt
aber eine gut entwickelte Kalkschicht.
Die beiden Sphaeromicola-Arten sind Höhlentiere, Kommensalen von Wasserasseln (K l i e ).
Copepoda.
Abgesehen von Porcellidium jimbriatum Cl s . und AUeutha depressa B a ir d war Calciumcarbonat
in der Cuticula der untersuchten Copepoden nicht zu erwarten. Die Untersuchung bestätigte nur
diese Erwartung, indem 22 Arten sich als völlig achalicoderm erwiesen.