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162 Buch VI. Kap. 4. §. 23.
über die Salubrltät der Gegenden von einem nicht näher bezeichneten
S a b in OS voll gesunder klimatologischer und in Bezug darauf
piianzenphysiologischer Wahrnehmungen, die uns Oribasiosi)
in seinen medicinischen Collectaneen aufbewahrte. Ich enthahe
mich nicht einen kurzen Auszug daraus zu geben.
Das lüima, sagt der Verfasser, hängt ab von der Himmelsgegend,
von der Höhe und von dem Feuchtigkeitszustande. Im
Süden macht die Höhe die Luft kühler, im Norden wärmer. Skythen
und Aethiopen bewohnen die beiden äussersten Gegenden;
was dazwischen liegt, hat mehr nach Mittag zu ein dem Frühling
ähnliches, aber trockneres, mehr nach Norden zu ein dem Herbst
ähnhches, aber feuchteres Klima. Dazu kommen noch Local-Einilüsse,.
dle Nähe des Meers, Flüsse, Sümpfe, Hügel, Berge, oder
das Gegentheil von dem allen. Als das gesündeste Khma auf der
Welt wird das ägypt ische gepriesen. Aber auch die Aushauchuno;
en der Pflanzen wirken auf die Salubrität oder Schädlichkeit
der Luft. Wohlthätig auf die Luft wirken alle Pflanzen mit essbaren
Früchten, die wohlriechenden, wie der Lorbeer, die Cypresse,
alle einen liebHchen Duft aushauchenden Blumen und Kräuter, wie
das Anethon, Apion, Thymon, indem sie die grobe Luft verfeinern.
Die dagegen keine essbare Frucht tragen, nicht wohlriechend
sind, und die Luft nicht verfeinern, befördern die Salubrität
nicht; einige, wie der Taxus, sind sogar tödtlich. Vor allem
kommt es aber darauf an, ob der Boden selbst, M^enn er befeuchtet
wird, einen guten Geruch verbreitet, wie in Aegypten, oder
nicht. Auch das lässt sich schon nach dem Aussehen der Pflanzen
Thiere und Mersehen beurtheilen. In den gesunden Gegenden
sind sie weit kräftiger, frischer, farbenreicher, die Bäume stärker
und fester von Holz, doch nicht so hoch, das Laub frischer,
die Früchte schneller reifend und duftiger, und was der Mensch
aufbewahrt, als Weizen Gerste Feigen Datteln, ist von längerer
Dauer. In Gegenden entgegengesetzter Beschaffenheit riecht eine
' befeuchtete Erdscholle ungefähr wie frisch ausgelöschte Kohlen.
1) Oribas. coUectan. IX, cap. 16—19.
Buch VL Kap. 4. §. 23. 163
Muss man in solchen Gegenden eine Zeit lang verweilen, so wähle
man seine Wohnung so hoch wie möglich. Von grösstem Einfluss
ist aber der Stand der Sonne, M^elche in südlichen Gegenden
mehr von oben und anhaltender als in nördlichen wirkt; denn sie
ist es, die alles kocht reift und wohlriechend und gesund macht,
den Boden sowohl als die Früchte. Daher werden die Früchte in
südlichen Gegenden grösser, duftiger, schneller reif und wohlschmeckender;
die Bäume sind saftreicher, luftiger, zarter, elastischer,
leichter, besser zu verarbeiten, und mehr in die Dicke gedehnt.
Aus dem allen werden nun Kegeln abgeleitet für die Anlage
der Strassen in den Städten, Sie sollen breit sein, um der Sonne
Zutritt zu gestatten; sollen grade und ununterbrochen, von Nord
nach Süd und von Ost nach West sich schneidend, veriaufend,
um den Winden offen zu stehen. Doch modificire sich das alles
nach der Lage in der Ebene oder zwischen Hügeln und dergleichen
mehr.
Plalleri), der mich auf dies in vielem Betracht merkwürdige
Fragment, welches wohl ganz gelesen zu werden verdient, aufmerksam
machte, meint, es könne vielleicht dem Sabinus Tiro
zugeschrieben werden, von dessen Gartenbuch ich früher2) gesprochen.
Diese Meinung theile ich nicht. Denn jenen Sabinus Tiro
stellt Plinius in der Liste seiner Quellen zu den lateinischen
Schriftstellern, Oribasius scheint aber nur griechische Quellen
benutzt zu haben, wie das Verzeichniss der von ihm benutzten
Schriftsteller bei Fabricius^) nachweist; Sabinus Tiro war vermuthlich
kein Arzt, Oribasios schöpfte, so weit wir seine Quellen kennen,
den Epikuros und die Scriptores Mirabilium abgerechnet,
nur aus medicinischen Schriftstellern. Aus dem Fragment selbst
ergiebt sich nur, dass unser Sabinos vermuthlich ein Aegypter
war, und Alexandrien mit seinen breiten graden Strassen^als das
1 ) Hall er hiblioth. botan. 1, pag. 67.
2) Buch IV, §.
3) Fahric. hiblioth. graec. JX, pag. 452.
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