184 B u c h VlI. §. 26, B u c h Vn. §. 26, 185
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ihren eigenen dogmatischen Zänkereien keineswegs verschmähetei).
Schon im Jahr 321, bevor er noch alleiniger Kaiser war, verordnete
er 2), dass nicht nur Aerzte (besonders Archiater oder Exarchiater,
fügt Justinian's Codex hinzu) Grammatiker und Professoren
anderer Fächer, wie auch Lehrer des Rechts, sondern sogar
auch deren Frauen Kinder und Besitzthümer an ihren Wohnorten
von jeder Communal- und Staatslast befreiet sein, dass sie bei
Strafe von hundert tausend Sestertien (etwa 3333 Thalern, — poena
ex arbitrio judicis, Cod. Justin.) nicht (aus Schikane, wie Gothofredus
die Worte auslegt) vor Gericht gezogen oder beleidigt werden
sollten; dass ihnen Honorar (? mercedes) und Besoldungen
gezahlt werden sollten (damit sie desto lieber Andere in den genannten
Fächern unterwiesen, fügt Justin. Cod. hinzu3). Eine
andere Verordnung desselben Kaisers 4) vom Jahre 326 bestimmt
einige der so eben genannten Vorrechte noch genauer. Im Jahr
330 erhob er Byzanz unter dem Namen Konstantinopel oder Neu-
Rom zu seiner Residenz und Hauptstadt des Reichs s). Die Stadt
ward auf das prachtvollste fast ganz neu aufgebaut erweitert und
bevölkert, und im Gegensatz gegen das noch immer vorwaltend
heidnische Alt-Rom zu einer rei n christlichen Stadt gemacht.
Es leuchtet ein, wie sehr dadurch griechische Sprache Literatur
und Kunst im Ganzen begünstigt, zugleich aber eine eigenthümliche
durch das Christenthum bedingte Färbung anzunehmen bestimmt
werden mussten. Die Baulust des Kaisers verräth sich
deutlich in einem Gesetz aus dem letzten Jahre seines Lebens
1) „Commodissimus rebus multis fuit: nutrire artes bonas, praecipue studia
Uferarum, legere ipse, scrihere, yneditari, audire Jegationes et querimonias provinciarum''
~ sagt von Constantinus sogar der heidnische Sextus Aurelius
V i c t o r {epilom. cap. 41), vorausgesetzt, dass es kein Zusatz seines viel späteren
christliehen Epitomator's ist.
3) Cod. Theodosian. lib. X I I I , tit. III (de medicis et professoribus), lex i,
und mit einigen Abweichungen übergegangen in den Cod. Justinian, lib. X,
tit. LH {de professorihus et medicis), lex 6.
3) Cod. Theo dos. hat diese Worte in einer andern Verordnung L c. lex 3.
4) Cod, Theo dos. l. c, Ux 2 (fehlt im Cod. Justinian.).
5) Zosimi hist. II, cap. 30.
337 , wodurch die Immunität von Communallasten auf die eigentlichen
Künstler, Bildhauer Maler Architekten und auf eine lange
Reihe von Handwerkern, deren man zur Errichtung und Ausschmückung
grosser Bauwerke bedurfte, ausgedehnt wurden.
Wenn aber nach beiden Redactionen, in denen sich die Verordnung
erhielt, und nach den griechischen Auslegern derselben mitten
unter den Baukünstlern und Handwerkern auch die Aerzte
(nach dem Codex des Theodosius ausserdem, und weit von jenen
entfernt, auch die Thi e r ä r z t e ) stehen, die gar nicht dahin gehören,
und überdem lange zuvor schon weit ausgedehntere Vorrechte
genossen: so muss das, wie auch Gothofredus 2) annimmt
nothwendig auf einem Missverständniss beruhen.
Die Reaction des Jul i anusApos t a t a, des gründlich durchgebildeten
Anhängers der alten Staatsreligion, währte zu kurze
Zeit, um dauernden Einfluss zu gewinnen, und stand mit dem
Geiste der Zeit zu sehr in Widerspruch, um nicht zu gewaltsamen
Maassregeln zu führen. Dass der Kaiser christliche Lehrer von
allen öffentlichen Lehrstellen zu entfernen suchte3), lag in der Natur
der Sache; zu bedauern ist, dass er, unverkennbar zur Aust
1) Cod. Theo dos, lib. XIII^ tit IV (de excusationibus artificum), lex 2, und
Cod. Justinian, lib. X^ tit. {eodem) LIV, lex 1.
%) Der Cod. Theo dos. nennt bunt untereinander: architectl, laquearii,
albarii, tignarii, medici , lapidarli, argentarii, structores, mulomedici,
quadratarü etc.; der Cod. Justinian., offenbar von den edleren, zu den geringeren
Künsten fortschreitend: architecti, medici , pictores, statuarii, marmorarii
etc. Jen er zablt im Ganzen 35 Künstler, darunter 7, welche diesem
fehlen ; dieser im Ganzen nur 33, darunter 5, welche jenem fehlen; und beide
sind reich an schwankenden und gänzlich verdorbenen Lesarten. In solchem
Fall hat sich die Kritik nicht zu ängstlich an die Handschriften zu binden.
Darum ändert auch Gothofredus {ad cod. Theodos. vol. F, pag. 58, not. 5 edit.
Ritter) die medici in m e d i a c i , ein selbsterfundenes Wort, abgeleitet von
mediale, coeur de l'arbre. Ich möchte mechanici vorschlagen, welche
beide Codices in der gleich folgenden Lex verwandten Inhalts nennen.
3) ^^lllud autem erat inclemens ^ obruendum perenni sitentio ^ quod arcehat docere
magistros rhetoricos et grammaticos, ritus christiani cultores." Arnmian Marcellin.
XXI I , cap. 10, sect. 7.
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