iú.
62 Buch V. Kap. 2. §. 7.
B u c h V . Kap. 2. §.7. 63
spätem Gliede des weitläufigen viel verzweigten Geschlechts der
Claudier, unter denen sich, da sie vornehm waren, leicht ein Augustale
oder, wenn es hier kein Titel war, jemand des Namens
Augustalis, den wir nicht weiter kennen, befinden konnte. Die
andere mit unserm gewonnenen 'Resultat unvereinbare Deutung
ward erst neuerlich von Fr. Ritter versucht, von KisseP) anerkannt:
Columella begänne das erste Buch seines Werks mit oiFenbarer
Bezugnahme auf die zu Rom im Jahr 51 herrschende Hungersnoth,
und müsste folglich bald nach jenem Jahre geschrieben
haben. Es ist Columella's Widerspruch gegen die Meinung, des
Bodens Fruchtbarkeit hätte sich in Folge des Alters der Erde
allmälig erschöpft, worin sie jene Bezugnahme erkennen wollten.
Sie übersehen, was schon Tacitus 2) seiner Nachricht von jener
Hungersnoth, auf die sie sich ausdrücklich berufen, hinzufügt, dass
die römischen Getreidepreise damals längst nicht mehr vom Ausfall
der itahänischen Erndten, sondern lediglich von den auswärtigen
Zufuhren abhingen; und dass Columella selbst zu Anfang
seines zweiten Buches erklärt, worauf sich des ersten Buches geharnischter
Eingang bezieht, nämlich nicht auf die Hungersnoth,
sondern auf die gewichtige Auctorität des Tremel l ius Scrofa
und anderer älterer Schriftsteller, die lange vor dem Jahre 51 jenes
der Landescultur verderbliche Vorurtheil in Schutz genommen
hatten. Auch darin finde ich also keinen Grund, Columella's grösseres
Werk früher zu setzen, als etwa 2 bis 5 Jahr vor Seneca's
Tod, das heisst vor 65. Um wie viel Jahre aber die frühere der
späteren Ausgabe seines Werks vorausging, wage ich nicht zu bestimmen;
genug, dass die frühere im Vergleich mit der spätem
als ein jugendlicher Versuch, die spätere als ein Product des gereiften
Alters erscheint.
Dass er aus Cadix gebürtig war, und dort in der Nähe seines
Oheims, des Marcus Columella, eines ausgezeichneten
Landwirths, seine frühere Jugend verlebt hatte, sagt er selbst an
1) Kissel a. a. O. Seite 93, Anmerkung 213.
2) Tacit. annal. XII, cap. 48.
verschiedenen Stellen bestimmt genug; und mehrmals erwähnt er
seines ceretanischen Landguts 2), in den schönen Pyrenäenthälern
der heutigen Cerdagne. Doch brachte er wenigstens sein späteres
Leben höchst wahrscheinlich in Rom»), gewiss in Italien zu,
wo er auch eine Zeit lang ein Gut bei Ardea besass^); ja sogar
seine Grabschrift, die ich gleich mittheilen werde, fand man zu
Tarent. lieber sein sonstiges Leben sagt er selbst uns nur noch,
er wäre in Syrien und Kilikien gewesen und hätte daselbst den
Bau des Sesam beobachtet 6). Etwas mehr klärt uns jene Grabschrift
darüber auf, die, zwar schon von Muratori bekannt gemacht,
doch unbeachtet geblieben war, bis sie Grotefend^) wieder
ans Licht zog und erläuterte. Sie lautet: L. JUNIO L. F. GAL.jl
MODERATO |1 COLUMELLAE TRIB. MIL. || LEG. VI
FERRATAE. — Nach Grotefend bedeutet GAL. die Galeria tribus,
zu welcher Cadix wie fast die ganze Provinz Bätica gehörte
(er beweist das durch sechs ähnliche Inschriften); und die Legio
VI Ferrata lag von Augustus Zeiten bis zum Regierungsantritt des
Vespasianus in Syrien»), und ward erst von letzterm nach Judäa
verlegt^). Nun wissen wir also, was ihn nach Syrien und Kilikien
geführt hatte, und es ist möglich, dass er sich, wie Schneider vermuthet,
im Gefolge des schon erwähnten Eprius Marcellus befand,
1) Co lumell. VII, cap. 2, sed. Vili, cap. 16, sect. 9; X, vers. 185 und öfter.
%) Ibid. III, cap. 3, sect. 3 und cap. 9, sect. 6.
3) Ibid. I, praejat. sect. 15: „Omnes intra murum correpsimus."- — III, cap.
8 sect. 2: „Nuper ipsi videre potuimus in apparatu pompae Circensium ludorum
etc.,'' wo der Zusammenhang nicht zweifeln lässt, dass von Rom die Rede sei.
' 4) Ibidem I, praefat. sect. 20: „in hoc Latio.'' — Gap. 1, sect. 7: „in hac
ipsa Hesperia.'' — Aehnliche Aeusserungen kommen auch IV, cap. 33, sect.
6, und öfter vor.
5) Ibidem III, cap. 9, sect. 2.
6) Ibidem II, cap. 10, sect. 18.
7) G r o t e f e n d in Zimmermann' s Zeitschrift für Alterthumshunde, Jahrgang
II, 1835, Seite 179.
8) Tacit. annal. II, cap. 79; XIII, cap. 38; Josephi hell. Judaic. 11,
cap. 24.
9) Joseph, l c. VII, cap. 27-, Dio Gass. LV, cap. 23.