114 B u c h VT. Kap. 1. §.13. B u c h VI. Kap. 1. §. 13. 115
P f l a n z e n , das Wichtigste die B e s c h r e i b u n gen. Gleich nach
dem gewöhnlichen Namen jeder Pflanze und den viel bestrittenen
Synonymen folgt gemeinHch eine kurze Angabe ihres Vaterlandes
und Vorkommens ; dann die Beschreibung, bei Producten, welche
durch den Handel vom Auslande kamen und oft wegen des hohen
Preises der Verfälschung ausgesetzt waren, auch die Kennzeichen
der Aechtheit oder der bessern und geringem Sorten; das
Medicinische macht den Schluss. Da vermesst der Botaniker denn
freilich eine den Beschreibungen zum Grunde liegende allgemeine
Vorstellung der Organisation der Pflanze, so wie bestimmte Ausdrücke
für bestimmte Formen und sonstige Eigenschaften der Pflanzen
und Pflanzentheile. Die Blattformen pflegen durch Vergleichung
mit den Blättern einer bekannteren Pflanze nur angedeutet zu
werden; bei den Blumen müssen wir uns meist mit Angabe der
Farbe begnügen, und von den Früchten, wenn sie nicht gross
und von besonderer Gestalt sind, die zu allerlei Vergleichungen
Anlass bietet, erfahren wir oft gar nichts. Mit einiger Sicherheit
erkennen lassen sich daher nach diesen Beschreibungen allein nur
wenige ausgezeichnete Pflanzen, wie z. B. das schon genannte
Asarum, Chelidonium, Dipsacus und mehr dergleichen; bei Bestimmung
der meisten muss man den medicinischen Gebrauch, die
Häufigkeit, das Vorkommen überhaupt, und die Tradition der
Namen zu Hülfe rufen. Gleichwohl ist es den anhaltenden Nachforschungen,
besonders der sogenannten Väter der Botanik, unter
denen Ma t t i o l i als Commentator des Dioskorides eine ehrenvolle
Auszeichnung verdient, so wie einiger neuerer reisender Botaniker
wie Tournefor t , Sibthorp, Fraas u. s. w. gelungen, den
bei weitem grösseren Theil der Pflanzen des Dioskorides, wenn
nicht mit voller Gewissheit, doch hoher Wahrscheinlichkeit wieder
zu erkennen; ein Beweis, dass auch die Beschreibungen nicht
so schlecht sind, wie sie uns, die wir einen andern Maassstab
anzulegen gewohnt sind, manchmal erscheinen.
Einer gründlichen Untersuchung nicht unwerth scheint mir
die Frage, ob Dioskorides den T h e o p h r a s t o s gekannt und benutzt
habe, oder nicht? Ich wüsste nicht, dass sie jemals gehörig
erörtert wäre; auch ich habe sie mir zu rechter Zeit zu stellen
versäumt, und jetzt bei dem immensen Umfange meines Vorhabens
nicht mehr die Müsse, beide Schriftsteller zu dem Zweck
nochmals sorgfältig zu vergleichen. Doch mögen ein paar Bemerkungen
darüber hier Platz finden. Genannt wird Theophrastos
bei Dioskorides zweimal, III, cap. 79 bei der Libanotis, und V,
cap. 124 beim Bimstein, beide mal so, dass die Stellen auch für
Glossen gehalten werden können; an Anlass ihn öfter zu nennen
fehlte es aber nicht, indem Dioskorides manche Pflanzen ganz
anders beschreibt als Theophrastos, und einigen ganz andere Namen
beilegt. Hie und da trifft man bei beiden sehr übereinstimmende
Beschreibungen, doch öfter eine grosse Verschiedenheit
derselben, und mit den wenigen ausführlichen Beschreibungen des
Theophrastos hält unter allen des Dioskorides keine den Vergleich
aus. Lieber möchte ich daher glauben, dieser hätte bei seinem
viel bewegten Leben seinen grossen Vorgänger entweder gar nicht
gekannt, oder gehörig zu studiren nicht Zeit gefunden, und nur
durch Vermittlung Anderer, wie etwa des Krateuas oder Andreas,
Einzelnes von Theophrastos, vielleicht ohne es zu wissen,
sich angeeignet. Denn bei seiner von Jugend auf gehegten Vor-
Hebe für Arzneimittellehre, das heisst unzweifelhaft für Naturkunde
und besonders Botanik, bei seinem entschiedenen Talent der Beobachtung
hätte, meine ich, die Bekanntschaft mit Theophrastos
Spuren anderer Art als die genannten bei ihm hinterlassen, seinem
Werk ein ganz anderes Gepräge geben müssen.
Ueberhaupt ist es bei Dioskorides schwer, und mit Sicherheit
nur in wenigen Fällen möglich zu unterscheiden, was er der eigenen
Forschung, was seinen Vorgängern verdankt. Ein historisches
Register zu allen ihm beigelegten Schriften, was ich hier
einschalte, weil es in allen mir bekannten Ausgaben seiner Werke,
wie auch in Fabricii bibliotheca graeca fehlt, wird unsern Vermuthungen
darüber zur Stütze dienen.
H i s t o r i s c h e s Register zu Dioskorides.
M. bedeutet Materia medica, T. Theriaca, E. Euporista (Hausmittel).
Die Alexipharmaca enthalten, ausser der unächten
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