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240 Bu c h VII. Kap. 2. §. 38.
Unter diesen zwölf Namen befinden sich vier kaiserliche, und
zwar solcher Kaiser, deren Schwelgerei berüchtigt ist, nämlich
des Vi tel l ius , Commodus, (Didius) Jul i anus und (Elagab
a l u s oder, wie man ihn auch zu nennen pflegte) Va r ius . Das
wäre doch ein gar zu neckischer Zufall, wenn sich die Namen
nicht wirklich auf sie bezögen. Die Entstehung unsres Kochbuchs
n a c h Elagabalus, das heisst nach 222, lässt sich demnach
kaum bezweifeln. Lister geht weiter, und setzt es in die Zeit des
31 Jahr darauf zur Regierung gekommenen V a l e r i anus ; doch
das bedarf noch einer Prüfung. Das Fett gewisser kleiner Seefische,
welches man dadurch gewann, dass man sie in grossen
Gefässen mit Wasser und Salz der Sonne aussetzte, öfter umrührte,
und das Obenaufschwimmende vorsichtig abschöpfte, nannten
die Griechen Ga ron, die Römer, die es von ihnen kennen
und zur Bereitung vieler Speisen schätzen lernten, mit demselben
Namen Gar um. Nur an der afrikanischen Küste, wo man es
häufiger bereitete, erhielt es, wie uns Cälius Aurelianus 0 sagt,
also wahrscheinlich schon vor E l agaba lus , einen ächt lateinischen
Namen L i q u ame n , der nach und nach den ursprünglich
griechischen so verdrängte, dass sogar das letzte Kapitel der griechisch
geschriebenen Geoponika, welches zwar die Ueberschrift
führt: „vom G a r o n , " doch mit den Worten beginnt: „das sogenannte
L i k u am en 2) wird folgendermassen bereitet." Ich füge
hinzu, was Lister noch nicht wusste, dass der Verfasser dieses
Kapitels nach Niclas Untersuchungen») wahrscheinlich derselbe
Tarentinos ist, der nach Caracallus (211-217), aber vor Vindanios
Anatolios Berytios (um 362) lebte. Der erste ächte Römer,
der sich des Worts Li q u a m en statt Garum bedient, ist der
I i aiser Valer ianus (253); es steht in einem von Vopiscus^)
B u c h VIL Kap. 2. §. 38. 241
1) Cael. Aurelian, morb. chronic. I I , cap. 1, sect. 40.
2) Die sinnlose Lesart der Handschriften hxovXß^r veränderte man mit
Fug und Recht in lixoväf,i8v,
3) Niclas in prolegomen. ad ffeoponic, I, pag. LXXIIl, nota 1 ad Tarentinum.
4) Vopisc. in vita Avreliani cap. 9, edit. Bipont. scriptor. histof. august. II,
pag, 160.
aufbewahrten Schreiben desselben. Nun finden wir in unserm
Kochbuch das Wort G a r u m nur einmal, das Wort Li q u a m en
in derselben Bedeutung ungemein häufig. Daraus folgert Lister
zweierlei, erstens der Verfasser wäre ein A f r i k a n e r , und zweit
e n s er gehörte in die Z e i t des Valer ianus . Offenbar übereilt,
Denn war er ein Afrikaner, so konnte er den Ausdruck Liquamen
lange vor Valer ianus gebrauchen; war er aber dieses
Kaisers Zeitgenosse, so konnte er sich dessen bedienen, ohne
e i n Af r ikane r zu sein. Aus seinem Gebrauch dieses Worts
folgt also weder das eine, noch das andere. Eine zweite Uebereilung
Listers besteht darin, dass er eine Anspielung auf dasselbe
Werk, welches er in die Zeit des Valerianus hinabrückt, schon
bei Tertullianus») zu finden glaubt, der vermuthHch noch vor Elagabalus,
wie man gewöhnlich annimmt, um 218 oder 220 gestorben
ist.
Um aber in solcher Trübe auch den schwächsten Lichtstrahl
nicht unbeachtet zu lassen, erinnere ich, aufmerksam gemacht
durch ein Citat bei Fabricius, auch noch an das merkwürdige
T e s t a m e n t eines Schweins, wie Lambecius meint, ein räthselhaftes
Pasquill auf die drei Gordiane aus der Zeit des Kaisers
Philippus (243 - 249), abgedruckt unterandern und weitläuftig erläutert
von Lambecius 2), und mit wenigen Anmerkungen auch in
Listers Noten zu Apicius VIII, cap. 7. Denn offenbar hatte der
Pasquillant ein dem unsrigen wenigstens ähnliches Kochbuch
(warum nicht dasselbe?) vor sich, und besonders auffallend ist
eine der fingirten Unterschriften des Testaments, der so ungewöhnliche
Name Celsinius, den wir im Porcellus Celsinianus unsres
Kochbuchs wiederfinden. Kochbücher waren in der römischen
Literatur eben so seltene, wie in der griechischen häufige Erscheinungen;
wie wenn das unsrige gar das satirische Testament veranlasst
hätte? Dann müsste es vor 249 geschrieben sein.
Sehr wahrscheinlich ist aber Listers, früher schon von Vos-
1) Tertullian. apologie pro Christianis cap. 3.
2) Lamb e di commentarli de bihlioth. Caesar, Vindobon, 111, pag. 346 sqq»
Meyer, Gesch. der Botanik. II. 16
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