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262 Bu c h Vil. Kap, 2. 42.
freilich etwas locker, zu einem umfassenden Lehrgebäude der Medicin.
Beide waren Günstlinge, dieser sogar der vertraute Freund
und Leibarzt des Julianus. Vermuthlich war er nicht viel älter
als sein im Jahr 331 geborener Kaiser, doch beträchtlich jünger
als Anatolios.
Suidas 1) nennt ihn einen Sardianer, eben so schon Philostorgos2),
der seiner Zeit näher stand (um 424). Allein sein eigener
jüngerer Zeitgenosse und Biograph Eunapios3), selbst ein Sardianer,
sagt ausdrücklich: Pergamon wäre sein Geburtsort, und schon
das erhöhe seinen Euf (nämlich als Arzt), wie es den Kuf eines
Kedners erhöhe, aus Athen gebürtig zu sein. Von angesehener
Familie genoss er einer guten Erziehung und erregte früh grosse
Erwartungen. Seine medicinischen Studien scheint er in Alexandrien
gemacht zu haben, denn Eunapios nennt ihn einen Schüler
des Zenon aus Kypros; dieser aber lehrte, wie aus einem
Schreiben des Kaiser Julianos an ihn«) erhellt, die Medicin in
Alexandrien, ward von da auf Veranlassung des fanatischen Bischofs
Georg, der bald darauf als ein Opfer der Wuth des Volkes
umkam, verwiesen, und kehrte sodann, von Julianus eingeladen
seinen Lehrstuhl wieder einzunehmen, dahin zurück. Von
Alexandrien muss sich Oribasios 355 nach Athen gewandt haben,
wo damals der noch jugendliche Julianus, wenn gleich nicht mehr,
wie in früherer Jugend, klösterlich abgesperrt, doch noch immer
absichtlich vom Hofe und den öffentlichen Angelegenheiten entfernt
gehalten, sein Leben mit rhetorischen und sophistischen
Uebungen zubrachte. Denn als Kaiser Constantius noch in demselben
Jahre seinen Vetter an seinen Hof nach Mailand berief,
ihn zum Cäsar erhob, und von Spionen umgeben nach Gallien gegen
die immer weiter vordringenden germanischen Stämme sandte.
Buch Vn. Kap. 2. §. 42. 263
1) Suidas voce'OQSißaOios (gewöhnlich heisst ev "Ogißccdios).
2) Phil 0 st org, excerpta Tiistor. ecclesiastic, VII, cap, 15,
3) Eunap, vitae sophistar. Antwerp. 1568 pag, 170 (edit. Boissonade II,
p. 711 nacli Bussemaker).
4) Juli ani epistola 45, edit, operum cura Spanhemii pag. 426.
wechselte man seine ganze Umgebung bis auf vier seiner bisherigen
Diener, die man ihm zu behalten gestattete, darunter zwei
noch sehr junge, seinen Arzt (Oribasios) und seinen Bibliothekar,
den einzigen, der schon damals um seine Anhänglichkeit an die
alte heidnische Eeligion der Väter wusste^). Bald aber erwarb
sich auch Oribasios des Julianus uneingeschränktes Vertrauen und
wahrhafte Verehrung; ja, wie Eunapios versichert, verhalf Oribasios
dem Julianus sogar zur Herrschaft, ohne Zweifel durch weise
Rathschläge, in denen Julianus2) später, wenn seine Aufforderung
ihm einen Traum zu deuten mehr als Scherz war, sogar die Gabe
der Weissagung zu erkennen glaubte. Denn es bedurfte mehr
als gewöhnlicher Vorsicht, sich aus den Netzen zu ziehen, mit
denen ihn der argwöhnische, auf sein Verderben sinnende Constantius
umsponnen hielt; und Julianus entzog sich ihnen und bemächtigte
sich des Throns mit bewundernswürdiger Gewandtheit.
Nach des Constantius Tode schon durch seine Geburt Erbe des
Reichs, machte Julianus seinen vertrauten Arzt, der gleich ihm
selbst der alten Religion anhing, zum Quästor von KonstantinopeP),
und sandte ihn nach Delphi, das Orakel zu befragen, von
wo er mit der Nachricht zurückkam, das Orakel hätte aufgehört,
und existire nicht mehr. Beim Feldzuge nach Persien im Jahre
363 finden wir Oribasios wieder an seines Kaisers Seite, und leider
vergebens bemüht die Wunde zu heilen, welche diesem vielleicht
ein Perser, vielleicht einer seiner eigenen christlichen Soldaten
oder, wie Philostorgos meint, der Zorn Gottes schlug. Vor
des Julianus christlichen Nachfolgern, Valentinianus und Valens,
1) Julianus ad Athenienses, l. c. pag, 277.
3) Suidas l. c. Was das bedeute, finde ich nirgends erläutert, und auch
Tillemont (histoire des empereurs, article 34 im Leben des Julianus) gesteht es
nicht zu wissen. Quästor des heiligen Pallastes, oft auch blos Quästor genannt,
war ungefähr, was später der Kanzler war, der, welcher die Gesetze
redigirte, auf Bittschriften antwortete u. s. w. Im römischen Senat gab es
Quästoren, welche die Schreiben der Kaiser vortrugen (s. Vales, ad Ammian.
Marcell. X X , cap. 9, sect. 4). Aber ein Quästor von Konstantinopel scheint
nicht weiter vorzukommen.
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