98 B u c h VI. Kap. 1. §. 11. B u c h VI. Kap. 1. §. 11. 99
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ihres Erbauers führte, sagt zwar auch Ammianus Marcellinus i),
doch ohne Angabe seines Zeitalters; und n a c h Ptolemäos 2 ) führte
sie ihn vielmehr von dem Berge, an dessen Fuss sie lag.
Ein scheinbar eben so schlagendes Zeugniss für das weit
f r ü h e r e Zeitalter des Dioskorides bot der andere Artikel des
Suidas in folgenden Worten dar: „D i o sk o r i d e s A n a z a r b eus
der Arzt, mit dem Beinamen P h a k a s von den Flecken {dia rovg
c/iaxovg), die er im Gesicht hatte, war bei Kleopatra unter Antonius,
und widmete diesem vier und zwanzig hochberühmte Bücher
medicinischen Inhaks." Allein D i o s k o r i d e s P h a k a s und D i os
k o r i d e s Anazarbeus waren verschiedene Personen, welche
Suidas, vorausgesetzt, dass das Wort Anazarbeus nicht von späterer
Hand herrührt, verwechselte. Das zeigt am deutlichsten die
Zusammenstellung beider mit einem dritten noch Jüngern Dioskorides
bei Galenos
Fester begründet ist die dritte Meinung. Unser Dioskorides
selbst spricht in seiner Vorrede, wie wir im vorigen Buche sahen,
von einer Keihe jüngerer Schriftsteller, die meist erst unter Nero
auftraten; andererseits wird er zuerst von Erotianos citirt. Da
jedoch das Zeitalter dieses Schriftstellers selbst nicht ganz fest
steht, so müssen wir uns für die untere Grenze der Zeit des Anazarbeers
nach andern Zeugnissen umsehen. Er widmete sein Werk
einem Ar e ios , den er seinen K u n s t g e n o s s e n nennt, und als
den Günstling eines L ikanios Bassos darstellt. Aus diesem
wussten diejenigen, die den Dioskorides in die Zeit des Antonius
setzten, nichts zu machen; in jenem glaubten sie den Philosop
h e n Areios, den Vertrauten des Augustus zu erkennen. Allein
der war kein Kunstgenosse, und mit Recht sagt Fabricius:
„wie hätte Dioskorides so bleiern sein können, ihm als dem Günst-
1) Ainmian. Marcellin. XIV, cap. 8, sect. 3, bei welcher Stelle Vales
i u s zuerst den Suidas widerlegte.
2) Ptolem. geograph. V, cap. 8. Ich habe dies Citat nicht selbst nachgeschlagen.
3) Galen, opp. ed. Kühn X I X , pag. 62 sq.
4) Ero ti an. sub voce xa/ufiaQq), pag. 214 edit, Franzii.
ling eines namenlosen Likanios Bassos, und nicht vielmehr des
Augustus zu schmeicheln?" Unsere Zeitbestimmung dagegen
führt auf den A s k l e p i a d e n Areios, dem jener Dioskorides
T a r s e u s bei Galenos sein Recept mittheilt, und auf den Lecan
i u s Bassus, der im Jahr 64 Consul war^), und in demselben
J a h r , in welchem Plinius das sechs und zwanzigste Buch seiner
Naturgeschichte schrieb, das heisst im Jahr 77 oder 78, am Karbunkel
starbt). Ein solches Zusammentreffen der Umstände macht
es mehr als wahrscheinlich, dass der Likanios des Dioskorides
und der Lecanius des Tacitus identisch sind, und dass Dioskorides
kurz vor 77 oder 78, also vor P l inius geschrieben hat.
Daraus folgt indess nicht, dass dieser jenen gekannt und benutzt
habe. Zwar glaubte Salmasius früher einmal bei Plinius
eine Bezugnahme auf Dioskorides entdeckt zu haben. Wie
über vieles, so auch über den Blutstein spricht sich Plinius im Wesentlichen
mit Dioskorides übereinstimmend aus, und fügt hinzu*):
„Dies ist die Meinung Derer, welche ganz kürzlich (nuperrime)
schrieben." Das, meinte Salmasius damals, bezöge sich auf Dioskorides,
und Ackermann Sprengel und Andere traten ihm bei,
ohne zu beachten, dass Salmasius selbst von seinem Irrthum längst
zurückgekommen, und sich und damit zugleich seine Nachfolger
im voraus widerlegt hatte s). Ausführlich zeigt er, wie Plinius
auch die jüngsten seiner Vorgänger, so bald sie nur einigen Namen
hatten, stets mit Namen citirt. Dioskorides aber musste Ruf
gewinnen, so bald sein Werk bekannt war. „Sicher, so schliesst
Salmasius, hatte also Plinius sein Werk weder gesehen noch davon
gehört." Nach dem allen begreife ich in der That nicht, wie
man das Verhältniss beider Schriftsteller zu einander noch immer
als ein zweifelhaftes darstellen kann. Beide lebten ungefähr gleich-
1) Tacit, annul XV^ cap. 33,
2) Plin. hist. nat. X X V I , cap. 1, sect. 4.
3) S almas ii exercitat. Plinianae, pag. 290 a. F.
4) Plin. hist. nat. X X X V I , cap. 20, sect. 37 ad finem, un^ Dio scortd. V,
cap. 51) 44S.a lmasius de homonymis hyles iatricae, in prolegomenis pag. 10.
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