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96 Bu c h VI. Kap. 1. §. 11.
Erstes Kapitel.
Pedamos Dioskorides Anazarbeus.
§. 11.
S e i n Leben.
Schon bei den Namen stossen wir an. Statt Dioskor ides
lesen wir fast eben so häufig D i o s k u r i d e s , ohne zu wissen^ was
das Richtige ist; statt P e d a n i o s nicht selten P e d a k i o s, wovon
jedoch jener als römischer Geschlechtsname, dergleichen viele
Griechen dieser Zeit zu führen pflegten, den Vorzug verdient.
A n a z a r b e u s nach seiner Vaterstadt Anazarba oder Anaz
a r b o s in Kilikien heisst er überall, es wäre denn, dass Galenos
i ) , der ihn sonst Anazarbos nennt, ihn auch da meinte, wo
er einmal von einem Arzneimittel spricht, welches ein ausserdem
nirgends vorkommender Dioskor ides Tarseus einem Asklep
i a d e n Areios mitgetheilt habe. Und das hat viel für sich.
Wenigstens den Hauptbestandtheil jenes zusammengesetzten Mittels
empfiehlt unser Dioskorides selbst gegen dasselbe Uebel, und
einem Areios widmete er sein Werk. Zudem lag Anazarbos
ganz nahe bei Tarsos, der durch wissenschaftliche Anstalten berühmten
2) Hauptstadt Kilikiens, was die Verwechselung entschuldigt.
Ja Fabricius hält das Wort Tarseus oder Tareus, wie in
andern Handschriften steht, sogar für eine aus Anazarbeus entstandene
falsche Lesart.
Erheblicher sind die Zweifel wegen seines Zei tal ters. Viele,
unter denen ich vor Andern Lambecius^) nenne, machen ihn
zum Zeitgenossen des Antonius und der Kleopatra, setzen ihn
also vor die Schlacht bei Actium (im Jahr 30 v. Chr.). Andere,
e 1) Galeni opp. ed. Kühn XIII^ pag. 857.
2) Strabo XIV^ cap. 4, §. 13—15^ pag. 673 sq. edit. CasaubonL
3) Lambecii commentar, de biblioihec, Caesar^ Vindobon. ed. 11^ opera KoU
larii 77, pag. 197 sqq. Doch ist die ganze Untersuchung so verworren, dass
man, trotz der anfangs entschieden ausgesprochenen Meinung, am Ende nicht
mehr weiss, was der Verfasser will.
Buch VI. Kap. 1. §. 11. 97 Iii
unter denen der Italiäner Cigalini^) hervorragt, ziehen ihn bis
in die Eegierung des Nerva (96 — 98 n. Chr.) herab. Die meisten
und bedeutendsten Vertheidiger fand aber die mittlere Meinung,
er habe gleichzeitig mit dem altern Plinius unter Nero und Vespasianus
gelebt. Zu ihr bekannten sich unterandern Salmasius^),
Le Clerc 3), Fabricius^), Ackermann-'s) und Sprengel Angefacht
ward der Streit vornehmlich dadurch, dass Dioskorides
und der ältere P l inius , wievi^ohl keiner den andern citirt, in ihren
Pflanzenbeschreibungen oft wörtlich übereinstimmen. Einer
von beiden, schloss man daraus, müsse den andern geplündert
haben, und je nachdem man diesen oder jenen begünstigte, machte
man ihn älter, und wälzte den Vorwurf des Plagiats dem andern
zu. Mittel dazu fand man bei Suidas in den beiden gleich ungenauen
Artikeln Anazarbos und D ioskor ide s , wovon jede
Partei nach Belieben gelten liess, was ihr günstig, und was ihr
ungünstig war, verwarf.
In dem ersten Artikel erzählt Suidas: „nachdem die Stadt
Diokäsarias in Kilikien durch ein Erdbeben zerstört wäre, hätte
Nerva den Senator Anazarbos hingesandt, und dieser hätte sie,
die ehemals Kyinda, darauf Diokäsarias geheissen, wieder aufgebauet
und nach sich selbst Anazarbos genannt." Das war der
einzige, aber scheinbar schlagende Grund, weshalb ein Anazarbeer
n i c h t vor Nerva sollte gelebt haben können. Allein die ganze
Erzählung ist ein Märchen. Schon Plinius, lange vor Nerva,
nennt die Bewohner Ana z a rbeniDa s s die Stadt den Namen
1) Cigalini de Plinii fide et auctoritate. Abgedruckt vor Vol. II der
Ausgabe des Plinius von Franzius, pag. CXXIII.
2) Salmas, de homonymis hyles iatricae, prolegomen, pag. 10.
3) Le Clerc histoire de la medicine I I I , pag. 72, edit. Amsterd. 1702, pag.
622, edit, a la Haye 1729.
4) Fabric, biblioth. graec. I I I , pag. 89.
5) Jo. Christ. Gottl. A eher mann i7i Fabric, edit. I I , Vol. IV, pag. 673 sqq.
0) D io scorid. opp. ed. Sprengel I, praefat. pag. IX.
7) Plin. hist. nat. V, cap. 27, sect. 22.
Meyer, Gesch. der Botanik. II.
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