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108 B u c h VI. Kap. 1. §. 12.
Aeginetes, die so weitläuftige Auszüge aus Dioskorides lieferten,
dies Buch übergangen haben ? Die drei Antidota, deren der falsche
Schluss gedenkt, kommen schon im Text selber (S. 4) vor, das
berühmteste unter allen, der Theriak, nicht. Daraus folgere
ich, dass der Verfasser vor Andromachos dem Vater, dem Erfinder
des Theriaks, geschrieben hatte. Der ächte Dioskorides unterscheidet
sorgfältig das Doryknion vom Strjchnos manikon, unser
Verfasser behandelt sie (S. 14) als Synonyme. Dasselbe thut auch
Plinius ^), was gleichfalls eher auf einen Vorgänger als Nachfolger
hinweist. Sprengel, der die Verfasser der beiden untergeschobenen
Bücher nicht unterscheidet, ist geneigt, beide Bücher
dem bei Galenos vorkommenden Jüngern Dioskorides zuzuschreiben
2). Ich kann seine Gründe dafür, zumal in sofern sie
das sechste Buch betreffen, nicht gelten lassen. Dass das Opokarpason
(S. 14) und der Pappus des Kaktos (S. 40), deren das
sechste erwähnt, in den fünf ächten Büchern fehlen, ist kein Beweis
ihrer spätem Auffindung; denn jenes wird nur als Gift, dieses
zwar als Heilmittel, doch als ein solches genannt, das oft
schädHche Wirkung zeige, und dergleichen konnte der ächte Dioskorides,
auch wenn er sie kannte, übergehen. Entscheidend wäre
eine andere Angabe, wenn sie nicht unrichtig wäre. In der Vorrede
zum sechsten Buch will Sprengel etwas von den G r a d e n der
Kräfte der Arzneimittel gelesen haben, die bekanntlich Galenos
erst einführte. Allein in der einzigen Stelle, die er gemeint haben
kann (S. 13), worin die Worte vorkommen düvaf.itv sxaavrjg
Tcc^scog, ist gar nicht von Heilmitteln, sondern von Giften die Kede,
und die Ordnungen (nicht Grade) derselben, welche der Verfasser
unterscheidet, sind die thierischen, die pflanzlichen und die
mineralischen Gifte. Da hat also Sprengel wieder einmal mit fliegendem
Finger gelesen.
Ganz anderer Art ist das siebte Buch, so dass ich
nicht begreife, wie man beide jemals demselben Verfasser zuif
1) Plin. Ust. nat. X X I , cap. 31, sect. 105.
2) Sprengel praefat. in Diosc. opera I, pag, XIV sq.
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schreiben konnte. Es handelt vom Biss giftiger Thiere und dessen
Behandlung, und ist auch ein Bruchstück eines ^ grossem
Werks, welches der Fälscher vermuthlich nur deshalb hinzufügte,
weil man sogenannte Theriaka und Alexipharmaka beisammen zu
finden gewohnt war, welches aber durch eigene Zuthat mit dem
vorigen Buch und dem ganzen Werk zu verkitten, er nicht einmal
versuchte. Noch weniger findet ein innerer Zusammenhang unter
den beiden Büchern statt. Gleich vorn wird auf eine früher angekündigte
Eintheilung in Theriaka und Alexipharmaka Bezug genommen,
wovon das sechste Buch kein Wort enthäh. Dagegen
werden Dinge besprochen, die im sechsten schon anders und besser
behandelt wurden; und wenn sich das sechste durch Wortkargheit
und strenges Festhalten an den Gegenständen der Weise
des ächten Dioskorides wenigstens nähert, so zeigt dagegen das
siebte einen Wortschwall, ein sich Gehenlassen, eine Spitzfindigkeit,
ein Prunken mit Gelehrsamkeit, ein sich Spreizen mit den
Vorzügen der einmal beschworenen Secte, die aufs Lebhafteste
an die komische Schilderung der sogenannten Pneumatiker bei
Galenos i) erinnert, und Sprengein vollständig rechtfertigt, wenn
er den Verfasser selbst zu den Pneumatikern rechnet. In diesem
Buche allein kommen auch die Verba insolentia vor, die Sprengel
als ein Zeichen später Zeit betrachtet. Ziemlich früh, d. h. im
siebten oder achten Jahrhundert, müssen aber beide Bücher den
fünf ächten hinzugesetzt sein. Paulos Aeginetes im Anfang
des siebten Jahrhunderts, und dessen Vorgänger Aetios, Oribasios,
Galenos kennen sie zwar noch nicht; doch schon im neunten
Jahrhundert berichtet Phot ios 2) über Inhalt und Werth der
s i e b e n Bücher des Dioskorides, die er vor sich hatte.
Noch zwei starke Bücher der H a u smi t t e l {svTroQioTtdv) führen
in der einzigen bekannten Handschrift den Namen des Dios
k o r i d e s an der Stirn. Auch sie werden meist für unächt ge-
1) Galen, de differentiis puhuum III, cap. 1—3, edit. Kühn vol. VIII, pag.
636 sqq.
H) Photii bibliothec. codex 171.