138 Buch VI. Kap. 3. §. 18.
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len, offenbar als Grammatiker, der die Pflanzen, von denen er
handelt, weder gesehen, noch ihre Wirkungen erfahren hat, sondern
Allen, die vor ihm geschrieben, ohne Prüfung vertraut. Er
schrieb seine Bücher zusammen, indem er blindlings zu jeder
Pflanze eine Menge Namen fügte, sodann angab, ob sie etwa durch
Verwandelung eines Menschen entstanden, ferner die Zaubersprüche
Libationen und Räucherungen beim Ausgraben aus der Erde vorschrieb
, und mehr dergleichen gaukelhaftes Geschwätz führte."
— Nachdem Galenos hierauf von einigen andern Schriftstellern
gesprochen, ist er mit folgender Wendung plötzlich zum dritten
mal bei Pamphilos: „Aber dem Andreas und ähnlichen Marktschreiern
traue man nicht, noch viel weniger dem Pamphilos,
der nicht einmal im Traum die Pflanzen gesehen hat, deren Gestalten
er zu beschreiben unternimmt. Solcherlei Menschen vergleicht
der Tarentiner Heraklides sehr richtig mit Ausrufern^
welche die Kennzeichen der Gestalt entlaufener Sklaven ausrufen,
die ihnen niemals zu Gesicht gekommen. Sie nehmen die Kennzeichen
von Augenzeugen, machen daraus aber ein solches Gewäsch
, dass der Ausgerufene, wenn er zufällig daneben stände,
nicht einmal sich selbst erkennen würde." — Auch das genügt
noch nicht; nach kurzer Zwischenrede ereifert sich Galenos zum
vierten und letzten mal also: „Denn dass solche Gaukler dergleichen
nur schrieben, um den grossen Haufen in Erstaunen zu
setzen, lässt sich auch aus des P amp h i l o s Büchern abnehmen,
der zuerst unter den Pflanzen das uns allen wohlbekannte Abrotonon
beschreibt, darauf die Agnos, einen gleichfalls bekannten
Strauch, dann die Agrostis, ein selbst den Laien nicht unbekanntes
Kraut, dann die ebenfalls jedermann bekannte Anchusa und
das darauf folgende Adianton, und von ihnen allen meines Bedünkens
nichts Ungehöriges sagt. Dann aber gedenkt er einer Pflanze,
wie er sagt, Adler genannt, wovon, wie er gesteht, kein Grieche
irgend etwas meldet, die jedoch beschrieben sein soll in einem der
dem A e g y p t e r Hermes beigelegten Bücher, enthaltend die sechs
und dreissig heiligen Pflanzen der Sterndeuter, welche sämmtlich
offenbar Narrenteiding und Erfindungen des Schreibers sind, grade
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sowie die O p h i o n i k a (Schlangenbücher) des Konchl a s ; denn
niemals gab es einen Konchlas, sondern der Name ward zum
Scherz erfunden, wie alles übrige, was in dem Buche steht. Und
jene sechs und dreissig Namen sind auch nichts als Namen, die
sich auf nichts Wirkliches beziehen. Aber Pamphilos nebst mehreren
Andern, scheint Zeit gehabt zu haben unnütze Märchen in
seine Bücher einzutragen." - Gewiss, ein merkwürdiger Spiegel,
nicht bloss des Einen Mannes, sondern seiner Zeit. Denn gepn
obscurer Leute wirkungslose Tractätlein ereifert man sich nicht
so; Pamphilos musste Namen, sein Machwerk einen ansehnlichen
Leserkreis haben, utn solche Entgegnungen hervorzurufen.
Gleichwohl scheint sein Euhm, ich weiss nicht, ob in Folge
jener Kritik, schnell verblüht zu sein. Denn ausser bei Galenos
finde ich nur noch eine einzige Angäbe im ganzen Alterthum, die
ich nicht einmal ganz ohne Bedenken auf ihn beziehen möchte.
Unter Zoroaster s Namen enthalten die Geoponika ein Kapitel
über natürliche Sympathien und Antipathien ^ , zusammengerafft
in bunter Reihe aus Piaton, Aristoteles, Theophrastos, Plutarchos,
Nestor und — aus der P h y s i k des Pamphi los. Was daraus
angeführt wird, begünstigt die Vermuthung, dies sei wieder der
von Galenos geschilderte Botaniker; doch ist es zu kurz, um einen
sichern Schluss zu begründen, zumal da Galenos seinem Pamphilos
kein Werk unter diesem Titel zuschreibt.
Das Zei tal ter seines Botanikers zu bestimmen, giebt uns
Galenos auch einige Data an die Hand. In derselben Vorrede,
worin er ihn so brandmarkte, sagt er ferner: „Wer also Müsse
hat, sich mit nützlichen Büchern über Heilmittellehre zu beschäftigen,
dem stehen sowohl viele der Alten, als auch nicht wenige
der Neuern, bis herab auf die des Pamphi los und Archigenes,
zu Gebot." — Des letztern erwähnt Juvenal i s öfter, und was
die Stellen selbst schon etrathen lassen, das sagt zum Ueberfiuss
sein Scholiast^) mit dürren Worten: Archigenes sei ein grosser
1) Geop onic. XF, cap. i, sect, 16,
2) ScholiasL ad JuvenaU satir, VI, vers, 236,