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238 B u c h VIL Kap. 2. §. 38.
Blosse Nachdrücke von Bernholds Ausgabe erschienen Baruthl
1791 und Anspach 1800.-
Wie heisst nun der Verfasser, den fast jede Ausgabe anders
nennt? wann schrieb er? und was wissen wir überhaupt von ihm?
Nicht viel mehr als nichts. — Aus Athenäos kennen wir drei hochberüchtigte
römische Schlemmer namens Apicius, den ersten aus
Pompejus Zeitalter, den andern unter Augustus und Tiberius, den
dritten unter Trajanus. Welche Namen ein jeder von ihnen sonst
noch führte, verschweigt Athenäos, und nur den zweiten kennen
wir auch sonst noch aus andern Nachrichten. Dion Kassios^)
nennt ihn Marcus Gabius Apicius, und er und Seneca^) erzählen
eine ergötzliche Anekdote von ihm. Nachdem er über drei
Millionen Thaler verprasst, und, von seinen Grläubigern gedrängt,
endlich einmal gerechnet und gefunden hatte, dass ihm nur noch
wenig über drei hundert tausend Thaler geblieben waren, vergiftete
er sich aus Angst vor dem Hungertode. Auch Juvenalis^) gedenkt
seiner spottender Weise, indem er den noch höhern Luxus seiner
eigenen Zeit schildert, in den Versen:
— „Vielerlei sehn wir."
„Was nicht Api c ius that, der arme, gemässigte, das thust"
„Du Crispin, vordem mit ägyptischem Schilfe gegürtet."
Und sein Scholiast fügt die Erklärung hinzu: „Ein Schriftsteller
über Bereitung der Malzeiten, der von den Saucen geschrieben."
Eben so, nur nicht so witzig, behandelt ihn Isidoras Hispalensis^)
als Schriftsteller über die Kochkunst. „Den Küchenapparat,
sagt derselbe, stellte zuerst ein gewisser Apicius zusammen,
der, nachdem er sein Vermögen darin vergeudet hatte,
eines freiwilligen Todes starb; und mit Recht, weil, wer der GurgeLund
der Gefrässigkeit dient, Leib und Seele tödtet." — Das
also, schloss man, sei die Schrift, die vor uns liegt, und jener
M a r c u s Gabius ihr Verfasser. Der Name konnte ja leicht in
1) Dio Cas silts LVIl^ cap. 19.
2) Senecae consolât, ad Helviam cap, 10y voL pag. 181 edit, Ruperti,
JUV enalís satir. /F, vers, 22,
4) Isidor. Hi s pal, eiymologiar. XX^ cap, sect, 1.
Buch VIL Kap. 2. §. 38. 239
den überhaupt so fehlerhaften Handschriften entstellt sein. Nur
schade, dass die Schrift unverkennbare Spuren einer späteren
Zeit an sich trägt.
Weder Plinius noch Athenäos, die so viel von jenem Apicius
sprechen, gedenken ihrer*). Jener hatte gelehrt, die Zunge des
Flamingo (Phoenicopterus) wäre ein vorzüglicher Leckerbissen^) ;
unser Kochbuch 3) lehrt diesen Vogel kochen und braten, seiner
Zunge gedenkt es mit keiner Silbe^). Nach Lampridius^) erfand
zuerst der Kaiser Elagabalus (218—222) die Würste von Fischen
Austern Muscheln und andern Seethieren; der wenig ältere
Athenäos kennt sie noch nicht, unser Kochbuch giebt die Recepte
dazu^). Schriftsteller citirt es nicht ausser zweimal den
Varrò, noch weniger berührt es historische Thatsachen, woraus
sich auf sein Alter schliessen Hesse; aber nach zwölf verschiedenen
Personen benennt es Gerichte, die ohne Zweifel von ihnen erfunden,
oder ihre Lieblingsgerichte waren, nämlich:
Apiciana salacacabia IV, cap. 1. Frontonianus porcellus VI I I, c. 7,
Apiciana patina IV, c. 2.
Apicianum minutai IV, c. 3.
Apiciana conchicla V, c. 4.
Apicianum jus VI, c. 8.
Apicianae ofellae VII, c- 4.
Apicianum jus crudum Vi l i , c. 7.
Celsinianus porcellus Vi l i , c. 7.
Commodiana conchicla V, c. 4.
Flaccianus porcellus Vili, c. 7.
Juliana puls V, c. 1.
Lucretiana patella IV, c. 2.
Matianum minutai IV, c. 3.
Passenianus lepus Vili, c. 8.
Varianus pullus VI, c. 9.
Varronis betacei III, c. 2. (Varrò
ibid. et VII, c. 12).
Vitellianus porcellus Vili, c. 7.
1) Dieses Argument hebt Ba\jle L c, besonders hervor.
2) PI in. hist, nat, X, cap. 48^ sect. 68.
3) A pic, Fi, cap, 7.
4) Daraus schliessen P e t e r Burmann und Fabr icius auf die spätere
Zeit des Buchs.
5) Lamp rid, vit. Heliogabali cap, 19.
6) Äpic. cap. 1.
7) Dieses und die folgenden Argumente giebt Li st e r in der Vorrede
zu seiner Ausgabe des Apicius.
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