f- l„;
i •
i •
ir if. I
m
; lif
190 B u c h VIL Kap. 1. §. 27.
Verschiedenen verschieden, zum Theil höchst fabelhaft, angegeben.
Nach Ackermanns gründlicher Untersuchung hat die Nachricht bei
Suidas, er sei 70 Jahr alt geworden, also um 200 unter Septimius
Severus gestorben, die grösste Wahrscheinlichkeit.
Die Menge und den Umfang seiner Werke verräth »chon
die Zahl und Stärke der Bände der angeführten Ausgabe; es sind
deren ohne das Register 21, die meisten von 800 bis über 1000
Seiten stark; und doch fehlen darin mehrere Schriften, die man •
bis jetzt nur in lateinischer Uebersetzung kennt, andere gingen
gänzlich verloren, einige schon während seines Lebens noch vor
ihrer Bekanntmachung bei einer in Rom wüthenden Feuersbrunst,
Ueber ihren medicinischen Werth enthalte ich mich jedes Urtheils,
und führe nur an, dass sein System von den Griechen zu den
Arabern, von diesen wieder zu den abendländischen Völkern überging,
und bis auf die Zeit des Theophrastus Paracelsus, das heisst
bis ins sechzehnte Jahrhundert, fast unumschränkt herrschte. Eine
solche Wirkung setzt eine bedeutende Ursache voraus. Wie viel
die Geschichte der Medicin und verwandten Wissenschaften den
zahlreichen Anführungen und Beurtheilungen seiner Vorgänger
verdankt, hatten meine Leser schon oft genug wahrzunehmen Gelegenheit.
Auch um die uns näher angehende Heilmittellehre hat
er unbestreitbare Verdienste; um die Pflanzenkunde ist sein Verdienst,
ich sage es ungern, — beinahe gleich Null.
Bei seinen vielen Reisen, oft ausdrücklich, wie er selbst sagt,
zu dem Zweck angestellt, gewisse Arzneimittel an ihrer Geburtsstätte
kennen zu lernen; bei seiner eminenten Beobachtungsgabe,
seiner gründlichen philosophischen Bildung, wie viel Botanisches
musste sich ihm aufdrängen! wie schätzbar würde uns jede seiner
Bemerkungen der Art sein! Auch darf man nicht mit Haller i)
annehmen, es hätte ihm an botanischen Kenntnissen gänzlich gefehlt;
wenigstens rühmt er sich derselben mehrmals, und rechnet
sie zu den jedem Arzte unerlässlichen Kenntnissen. So sagt er
1) Hall er bib. bot. I , pag. III: „Botanices non perinde peritus fuit." —
„Neqiie ullain addit descriptionem, nt intelligas, nihil hic habuisse proprii" — und
mehr dergleichen.
Buch VH. Kap. 1. §. 27. 191
unterandern 1): „Der Arzt soll wo möglich alle Pflanzen, wenn
das nicht, doch die meisten und gebräuchlichsten kennen. Die
Gattungen oder, wenn man will, die Unterschiede derselben sind;
Bäume, Sträuche, Kräuter, Dornen, Stauden {qjqvyava). Wer sie
von klein auf, bis sie ausgewachsen sind, unterscheiden kann, wird
sie an vielen Orten der Erde finden, wie ich selbst dergleichen
in Italien in mehrern Gegenden gefunden habe, welche diejenigen,
die sie nur getrocknet sahen, weder jung noch ausgewachsen wieder
erkennen. Und so ist kein Salbenhändler, der nicht die aus
Kreta gebrachten Pflanzen und deren Früchte kennte, aber dass
viele derselben in den Vorstädten Roms wachsen, wissen sie nicht,
und suchen sie daher zu rechter Zeit, wenn sie Frucht trao-en'
nicht auf. Ich aber weiss das, und suche Chamäpitys, Chamäd'rys^
Thlaspi, Kentaurion, Hyperikon, Polion, und mehr dergleichen
rechtzeitig auf, und sammle sie, wenn sie ausgewachsen, weder zu
sehr von der Sonne vertrocknet, noch früher als recht ist, so lange
ihre Früchte noch unreif und unausgebildet sind." ~ So konnte
nur ein vollendeter Charlatan oder ein Kenner sprechen, und das
erste war Galenos nicht.
Seiner Aufzählung der einfachen Arzneimittels) stellt er den
an sich löblichen Grundsatz voran, es sei besser die Pflanzen aus
eigener Anschauung mit Hülfe des Lehrers kennen zu lernen, ab
es denen gleich zu thun, welche die Steuermannskunst aus Büchern
erlernen wollen. Denn nur so erwerbe man sich eine richtige und
sichere Kenntniss derselben. Er geht aber zu weit, wenn er zugleich
diejenigen tadelt, welche zuerst Pflanzen schriftlich zu beschreiben
unternommen hätten, und sich selbst aller Beschreibungen
enthält, als ob sich nicht Autopsie mit der schriftlichen Anweisung
verbinden liesse, und jene durch diese unterstützt würde.
Dazu kam seine hohe Achtung vor Dioskorides. Ofl'enbar fühlte
er sich ausser Stande, bessere Beschreibungen zu liefern als jener,
und war zu stolz, seinen in der Botanik grösseren Vorgänger, den
1) Galen, opp. ed. Kühn XIV, pag. SO.
%) Ibidem XI, pag. 796 sq.
Nf