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nung. In einem Briefe über den Samonicus von 1779 i) sagte er:
„Von dem alten Serenus glaube ich kaum, dass das Gedicht
hergekommen sei, weil er gewiss kein Arzt, sondern bloss ein Gelehrter
und, wie gewiss ist, Geschichts- und Naturforscher war.
Von dem Jüngern Serenus sind die Nachrichten zu sparsam vorhanden
und zu geringfügig, um mit Gewissheit glauben zu können,
er sei der Verfasser." Ganz anders urtheilt er in der Vorrede
zu seiner Ausgabe selbst. Nachdem er die Meinungen Anderer
durchgegangen, erklärt er zwar, sich nicht entscheiden zu
wollen; hest man aber weiter, so findet man ihn immer geneigter,
den Vater als Verfasser anzuerkennen. Vermuthlich hinderte ihn
nur eine gewisse Scham am förmlichen Widerruf seiner frühern
Meinung. Die Folge davon war, dass seine eigentliche spätere
Meinung gänzlich verkannt ward. Irrthümlich behaupten sowohl
Bähr2) wie Choulants), Ackermann stände auf Morgagni's Seite,
den er vielmehr zu widerlegen sucht. Da nun zugleich Choulant
erklärt, die meisten Neuern hielten den Sohn, Bahr im Gegenthei],
sie hielten den Vater für den Verfasser, so nehme ich die
Untersuchung noch einmal auf, und hoiFe zu zeigen, dass wir stark
überwiegende Gründe haben, mit Ackermann und gegen Morgagni
S a m o n i c u s den Vater für den Verfasser unsers Gedichts zu
halten.
Beide, Vater und Sohn, werden von den Alten nur Einmal
neben einander genannt, und zwar von Capitolinus in der Biographie
der drei GordianeSerenus Samonicus, erzählt derselbe,
der Freund des altern und Lehrer des Jüngern Gordianus, wäre
diesem seinem Schüler so zugethan gewesen, dass er ihm die ganze
1) In Baiding er's neuem Magazin für Aerzte, Band 1, 1779, Stück III,
Seite 209 ff. Der Brief ist anonym, allein in der Vorrede zu seiner Ausgabe
des Samonicus pag. XVII erklärt sich A c k e rma n n selbst für den Verfasser.
%) Bahr, Gesch. d. röm. Lit., dritte Aufl., I, S. 332 und 333, Anmerk. 3.
Bähr scheint nicht zu wissen, dass Ackermann selbst Verfasser des Briefes
in Baldinger's neuem Magazin ist.
3) Choulant, Handb. d. Bücherkunde d. ält. Mediz., zweite Aufl., S, 210.
4) Jul. Capitolini Gordiani tres, cap. 18.
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Bibliothek des Serenus Samonicus, seines Vaters, die man auf
62,000 Bände schätzte, bei seinem Absterben vermacht hätte. —
Daraus schon ergiebt sich, dass folgender Bericht, der nur Eines
Samonicus gedenkt, den Vater betrilFt. Spartianus i) erzählt
nämlich in der Biographie des Kaiser Caracallus: „In diesen Tagen
wurden unzählige Männer umgebracht, die seines (des Geta)
Partei genommen hatten. . . . Einige wurden während der Mahlzeit
umgebracht, unterandern Serenus Samonicus, von dem
noch sehr viele Bücher über gelehrte Gegenstände vorhanden sind
(cujus libri plurimi ad doctrinam exstant)." Vor Morgagni bezog
man diese Stelle auf den Jüngern Samonicus, den Lehrer des Jüngern
Gordianus. Sehr richtig bemerkt aber Morgagni, ein so
plötzlich erschlagener Mann hätte nicht Zeit gehabt, seine Bibliothek
einem Andern als seinem Intestaterben zu testiren. Und noch
bestimmter verlangt die folgende dritte Beweisstelle, auf die sich
Morpgni gleichfalls stützt, die Eichtigkeit seiner Annahme. Lampridius2),
der Biograph des Kaisers Alexander Severus, zählt die
Schriften und Schriftsteller auf, die der Kaiser bei Müsse von
Staatsgeschäften zu lesen pjaegte. Er nennt vor allen Piatons Eepublik
und Ciceros Bücher von den Pflichten und von der Eepublik;
dann fährt er fort: „Bisweilen las der Kaiser auch Eedner
und Dichter, unterandern den Serenus Samonicus, den er
s e l b s t gekannt und geliebt hatte, und — den Horat
i u s . " — Das sind die drei Hauptstellen, aus denen dieser so,
Jener anders argumentirte; einige andere behalte ich mir noch vor!
Um nun mit Einem Blick erkennen zu lassen, wie richtig Morgagni
ihre Beziehung zu einander aufgefasst, werden folgende chronologische
Angaben ausreichen.
C a r a c a l l u s regierte 211 — 217.
Gordianus der ältere zählte 80 Jahr, als er 237 sich selbst
das Leben nahm^). Folglich war er geboren 157.
1) Ael. Spartiani Antonius Caracalla cap. 4.
2) Ael. Lampr idii Alexander Severus cap. 30.
3) Jul. Capitolini Gordiani tres cap. 9 et 16.
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