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400 B u c h VIIL Kap. 5. §. 60.
und wirklich finde ich, dass die 20 ersten Kapitel (weiter habe
ich nicht nachgesucht, und 45 Kapitel hat das Buch nur) ganz
aus Alexandros Trallianos genommen sind. Diese Unterscheidung
machte man bisher nicht, und so kam es, dass, was
man über das ganze Werk und seinen vermeinten Verfasser aussprach,
gross er entheils nur auf die drei ersten Bücher passte,
nach denen man über das Ganze urtheilte.
Gleich nach der ersten Erscheinung des Werks machte Paol o
Giovio^) eine von ihm in seiner Vaterstadt Como entdeckte antike
Grabschrift bekannt, gewidmet den Manen des nur zwei und
zwanzig Jahr und sechs Monat alt gewordenen Arztes C. Pl i -
n i u s Valerianus von seinen Aeltern. Mehr sagt sie nicht, und
darin fand Giovio Grund genug, jenen Plinius Valerianus für den
Verfasser unseres Werks zu erklären. Alles, was ihm dabei zu
statten kam, war der ursprünglich gewiss nur den drei ersten
Büchern zukommende, von Pighinucci aber dem ganzen Werk
gegebene Titel M e d i c i n a Pliniana, und die beiden Plinii,
welche Marcellus Empiricus 2) zu seinen Quellen zählt. Der Eine
war der Verfasser der Naturgeschichte, und weil der der Briefe
unmöglich der andere sein konnte, so sollte es Valerius, und dieser
der Verfasser der Medicina sein. Der namenlose Redacteur
selbst gab sich aber in der Vorrede gar nicht für einen Arzt aus,
sondern schrieb im Gegentheil, um sich und die Seinigen von
habsüchtigen Aerzten unabhängig zu machen. Weit eher lassen
die beständigen Reisen mit den Seinigen, von denen er spricht,
auf einen Kaufmann oder Staatsbeamten rathen. Auch kann der
Vielgereiste und Vielerfahrene schwerlich so früh wie jener Plinius
Valerianus gestorben sein. Doch vergebens hob schon Le
Clerc diese Widersprüche hervor, Vorgänger und Nachfolger hielten
an Giovio's Einfall fest.
Der Wahrheit näher kam bald darauf ohne, wie es scheint,
seinen Vorgänger zu kennen, Torinus. Er erklärte das Ganze
1) Pauli Jovii tractatus de piscihus Romanis, Romae 1524, foL, cap. 35^
2) Siehe die Stelle in diesem Bande S. 39 Anmerk, 1.
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für eine Sammlung medicinischer Excerpte aus des Plinius Naturgeschichte,
von einem Unbekannten nach den Krankheiten
geordnet, wozu aber später viel fremde Zusätze gekommen wären
Darum bezeichnete er alles, was er bei Plinius nicht nachweisen
konnte, durch zwei Warnungszeichen als untergeschoben. Nur
Ems vergass er, den Beweis, dass der Sammler selbst aus Plinius
allein gesammelt hätte.
^ Ganz anders Ot t o Sperling^). Vielleicht zur Zerstreuung
m seinem Kerker, schrieb dieser einen ausführlichen Commentar
Uber den sogenannten Plinius Valerianus, der noch ungedruckt
auf der königlichen Bibliothek in Kopenhagen liecrt Einio-e Stellen
daraus liess Kühn 2) abdrucken. Ihm erschien der Verfasser
als Zeit- vielleicht auch Standesgenosse des Constantinus Africanus,
das heisst als ein Mönch des Klosters Monte Cassino aus
dem zwölften Jahrhundert. Eine aufFallende Uebereinstimmung
des Ausdrucks nahm er wahr zwischen unserm Werke und jener
mittelalterhchenUebersetzung des Oribasios, welche Sichard drucken
liess so dass er sich von der Gleichzeitigkeit beider überzeugt
hielt. Dieselbe Uebereinstimmung entdeckte er auch mit Apicius
Ob er auch diesen ins zwölfte Jahrhundert versetzte, weiss ich
mcht. Wegen eines Hispanismus, den auch Barth gewittert hatte
machte Sperling seinen Schriftsteller muthmaasslich zum Spaniprund
gleichwohl meinte er auch Italicismen bei ihm zu bemerken'
Indess bestehen die wenigen bei Kühn mitabgedruckten Belege
zu diesen kühnen Behauptungen in einzelnen Ausdrücken, die ich
lieber auf Rechnung unwissender Abschreiber als des Verfassers
oder Sammlers bringen möchte, wie z. B. die Verwechselung von
Borsella (im mittelalterlichen Latein, wie noch jetzt im Italiänischen),
em Beutelchen, mit Volsella, einer Pincette, was der Zusammenhang
fodert u. dgl. m. Und so scheint sich die angebliehe
Aehnhchkeit mit Apicius und dem Uebersetzer des Oribasios
_ 1) Derselbe von dessen Leben ich in einer Anmerkung zu Seite 30
einen kurzen Abnss gab,
2) Kühn, opuscula académica I I , -pag. 255 sqq.
Meyer, Gesch, der Botanik. II. ' . 26
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