sich auffallend von den jülichischen, die gewöhnlich bei
einer sehr weißen Hautfarbe und blondem Haar durch
die länglich fleischige Form des Gesichts und die weicheren
Züge eine gewisse Verwandtschaft mit den Niederländern
verraten. Die Lütticher können ihr französisches
Blut nicht verleugnen; sie sind ebenso leichtsinnig
fröhlich, ebenso gutmütig, ebenso mit einer, ich
möchte sagen, angeborenen Höflichkeit begabt und
sprechen auch einerlei Sprache, wiewohl so durchaus
mit Provinzialismen verdorben, daß ein Mitglied der Pariser
Akademie sie schwerlich für Brüder erkennen
würde. Außerdem spricht das gemeine Volk eine Art
Kauderwelsch, welches man unter dem Namen der wallonischen
Mundart kennt. Dieses ist den Fremden völlig
unverständlich, indem die ursprünglich altfranzösischen
Wörter ganz verunstaltet, bald abgekürzt, bald mit anderen
Endungen und in einer ganz besonderen Konstruktion
erscheinen. So zum Beispiel heißt: lei po wei, laßt
mich sehen; statt des französischen laissez moi voir; und
wieder: serre l’hou, mach die Türe zu, statt ferme la
porte. In dem letztem Ausdruck ist hou das altfranzösische
huis*, wovon noch ä huis clos und huissier übrig
sind. Französische Eleganz habe ich in den Kleidertrachten,
zumal der geringeren Klasse, freilich nicht bemerkt;
doch diese würde inan auch in Frankreich selbst bei dieser
Klasse vergebens suchen. Die Lütticher Weiber tragen
kurze gestreifte Röcke, Leibchen oder auch eine Art
weiter Jacken von Kattun mit Ärmeln, die mit demselben
Zeuge frisiert sind, und Kattunmäntel, die aber nur
bis an die Taille reichen. Wenn sie ausgehen, binden sie
ein rot- und gelbgeflecktes Baumwollentuch über die
Haube um den Kopf; doch gehört dieser Putz vermutlich
nur zu den Verwahrungen, die der noch immer
fortdauernde scharfe Nordwind notwendig macht.
Unsere Fahrt von Aachen hierher auf der Diligence*
zeichnete sich wenig aus. Wir hatten die ersten Plätze;
allein beim Einsteigen fanden wir drei Frauenzimmer
darauf; folglich schwiegen wir von unseren Ansprüchen
und setzten uns, wo wir zukommen konnten. Einmal saßen
elf Personen in diesem ungeheuren Wagen, weil unterwegs
einige Passagiere abstiegen und mehrere hinzukamen.
Die Gespräche über politische Gegenstände
nahmen kein Ende. Es freute mich indes, die erstaunliche
Menge neuer Ideen in Umlauf anzutreffen, da sie
vor zehn Jahren zuverlässig allgemeines Aufsehen oder
gar den Unwillen der Mehrheit auf den Postwagen in
Deutschland und Brabant erregt hätten.
Nachdem wir durch einen schweren Sandweg in einer
tiefen Schlucht die Höhe des Berges, der das Gebiet der
Stadt Aachen von der Provinz Limburg scheidet, erreicht
hatten, lag dieses herrliche Land wie ein Garten vor uns;
und je weiter wir hineinkamen, desto reizender ward die
Aussicht auf die kleinen umzäunten Wiesen und Viehweiden,
welche die sanften, wellenförmigen Hügel bedeckten.
Überall ist diese Gegend mit einzelnen oder
höchstens zu drei und vier beisammengestellten Hütten
gleichsam besät, die, zum Teil massiv oder von Backsteinen,
zum Teil von Fachwerk gebaut, ein wohlhabendes
Völkchen andeuten, das hier von der Viehzucht und
vom Wollspinnen lebt. Auf viele Meilen weit sieht man
die Hügel überall mit lebendigen Herden und hier und
dort auch mit hochstämmigen Bäumen geziert; auf Meilen
weit liegen, ein paar gute Büchsenschüsse voneinander,
die einzelnen Bauernhütten. Es ist unmöglich, sich
hier etwas anderes als Einfalt und Gleichheit der Einwohner
zu denken; man irrt in Gedanken von Haus zu
Haus und erblickt überall fleißige Spinner, frohe Hirten
und reinliche Käsemacher. Die Ufer der Maas begrenzen
endlich diese Aussicht, indem sie unweit Maastricht in
der Ferne den jähen weißen Absturz dem Auge darbie