sehen drei Farben, schwarz, gelb und rot, an unsern Hut
und versicherten mit bedeutender Miene: jetzt sei nicht
länger mit den wütenden Brabantern zu scherzen. Zwischen
Furcht und Knauserei geriet unser Ritter in neue
Bedrängnis; mit der Gouvernante ward förmlich Rat gepflogen;
sie stimmte für den Ankauf, und schon war er
im Begriff, das Geld hinzuzählen, als die Liebe zu den
vierzehn Stübern siegte und er sich, freilich mit etwas
banger Erwartung, ohne Abzeichen in den Wagen
setzte. Die Menge der Kokardenträger, die uns nachmittags
begegneten, beunruhigte ihn aber so sehr, daß er,
wiewohl wir schon in der Dämmerung zu Löwen eintrafen,
noch beim Abendessen mit einem vierfärbig gestreiften
Bändchen um seinen schäbigen Hut, wie ein alter
Geck, der auf dem Theater eine Schäferrolle spielt,
zum Vorschein kam und nach hiesiger Landesart, ob wir
gleich unbedeckt waren und in Gesellschaft einer von
Antwerpen angekommenen Französin dasaßen, ihn bei
Tische auf dem Kopfe behielt. Die Gouvernante, die im
Wagen neben ihm saß, hatte doch nicht die Ehre, mit
ihrem Herrn aus einer Schüssel zu essen, sondern mußte
in der Küche mit des Kutschers Gesellschaft vorliebnehmen;
ein Zug, der seinen Stolz desto mehr charakterisierte,
weil sonst der Kutscher schon oft der Gegenstand
seines Zorns, gewesen war: er fuhr ihm zu langsam, er
hielt zu oft an, er war ein viel zu hübscher Kerl und
schäkerte zuviel mit den Mädchen in den Schenken.
Unser Kupferdrucker war ein Original von einer ganz
ändern Art. Was im Gesicht des alten Ritters fehlte, war
das einzige herrschende Wahrzeichen des seinigen: ein
tiefer Einschnitt auf beiden Wangen, um den Mund,
welcher die Gewohnheit, denselben in die Falte der
Freundlichkeit zu legen, andeutete. Sein übrigens auch
hageres Gesicht hatte einen Ausdruck von Geschmeidigkeit
ohne Falschheit, von der Weichheit und sanften Gefälligkeit,
die aus einem dunklen Gefühl von Schwäche
und Furcht entspringt, versetzt mit einer wahrhaft pari-
sischen Reizbarkeit für den leichtsinnigsten Genuß der
Minute, einer feinen Scherzlustigkeit und einem Sinn
für das Groteskkomische. Er hatte sich noch nicht zurechtgesetzt,
so kündigte er sich schon an und ließ uns
nicht länger in Ungewißheit über seine Schicksale, sein
Gewerbe, seine Vermögensumstände, seine Verwandtschaft,
seine Aussichten und seine Gebrechen. Einen
Topf, in ein Tuch gebunden, behielt er sehr sorgfältig in
der Hand. Dieser Topf, sagte er, sei mit einem vortrefflichen
Ölfirnis angefüllt, den er bereiten könne und der
zum Kupferdrucken unverbesserlich sei. Daher war auch
der Schlußreim seiner Erzählungen immer: »Ich weiß
zuverlässig, man wird mich in Lüttich sehr vermissen.«
Sein Handwerk nannte er ein talent, und versicherte sogar,
daß er drei talents besäße, nämlich das Kupferdruk-
ken, das Buchdrucken und das Formschneiden in Holz.
Weiter als St.Trond wollte er nicht gehen; dort sei er gesonnen
zu bleiben, bis es da nichts mehr zu tun gebe.
Einen Teekessel führe er überall mit sich; es sei das einzige
unentbehrliche Geschirr, weil er seinen Kaffee
selbst koche. In Deutschland rühmte er sich einer guten
Aufnahme; er war bis Andernach gekommen, wo man
ihn nach Vermögen in einer kleinen Schenke bewirtet
und ihm sogar über die Streu ein Leintuch gedeckt
hatte; dafür habe er auch der Magd, comme un généreux
François, beim Weggehen etliche Kreuzer geschenkt.
Sein Vater war Zolleinnehmer gewesen, er nannte ihn
einen petit monsieur, qui a mangé soixante mille francs.
Hätte der kleine Herr nicht beträchtliche Schulden hinterlassen,
die seine Witwe und Kinder bezahlen mußten,
so hätte sein Sohn studiert und wäre wieder ein Régisseur*
geworden; allein wenigstens seine Schwestern lebten
dans le grand monde. Seine Frau konnte fast gar kein