widrig auf uns wirken. Mittelbar, durch die Sprache,
können sogar diese Empfindungen von Herz zu Herz
sich fortpflanzen; dies beweiset insbesondere der Reiz,
den Romane, Gedichte und andere leichte, unterhaltende
Schriften für den größten Teil der Lesewelt haben,
und die Erschütterung, welche die darin geschilderten
Empfindungen so allgemein verursachen. Diese Voraussetzungen
scheinen mir auf die Kunst anwendbar, und
meines Erachtens erreicht man besser seinen Endzweck,
indem man wiedererzählt, was man bei einem Kunstwerke
empfand und dachte, also, wie und was es bewirkte,
als wenn man es ausführlich beschreibt. Bei einer
noch so umständlichen Beschreibung bedarf man einer
höchst gespannten Aufmerksamkeit, um allmählich, wie
man weiter hört oder liest, die Phantasie in Tätigkeit zu
versetzen und ein Scheinbild formen zu lassen, welches
für den Sinn einiges Interesse hat. Ungern läßt sich die
Phantasie zu diesem Frondienst herab; denn sie ist gewohnt,
von innen heraus, nicht fremdem Machwerk
nachzubilden. Ästhetisches Gefühl ist die freie Triebfeder
ihres Wirkens, und gerade dieses wird gegeben,
wenn man, statt einer kalten Beschreibung eines Kunstwerks,
die Schwingungen mitzuteilen und fortzupflanzen
versucht, die sein Anblick im innern Sinn erregte.
Durch diese Fortpflanzung der Empfindungen ahnen
wir dann - nicht, wie das Kunstwerk wirklich gestaltet
war, aber gleichwohl, wie reich oder arm es sein mußte,
um diese oder jene Kräfte zu äußern; und im Augenblicke
des Affekts dichten wir vielleicht eine Gestalt, der
wir jene Wirkungen Zutrauen, und in der wir nun die
Schatten jener unmittelbaren Eindrücke nachempfinden.
Hier wird man mir doch nicht den Einwurf machen, daß
ein solches aus der Empfindung allein geschöpftes Bild
dem Werke des Künstlers sehr unähnlich ausfallen
könne? Ich würde diesen Mangel gern eingestehen und
mir nur die Frage erlauben, ob die Unähnlichkeit bei
einer bloßen Beschreibung nicht noch mehr zu befürchten
sei? Ganz zu schweigen von der Gefahr, daß in den
meisten Fällen die Leser oder Zuhörer es wohl nicht der
Mühe wert finden möchten, ihrer Einbildungskraft diese
Arbeit zuzumuten, wo das Gefühl sie nicht dazu begeisterte.
Allein, was liegt denn auch daran, ob die Bilder,
die wir uns selbst aus der bloßen Kraft unseres Wesens
schaffen müssen, einem Vorbilde genau entsprechen? Je
nachdem unser Geistesreichtum uns mit freigebiger
oder mit karger Hand von der Natur gespendet ward,
müssen auch seine Ausströmungen an Mannigfaltigkeit,
Harmonie, Schönheit, Größe und Adel verschieden sein,
und so oft es sich treffen mag, daß sie hinter dem, was
große Künstler wirklich leisteten, weit Zurückbleiben,
sind doch auch die Fälle möglich, wo sie Meisterwerke
überfliegen. Nicht immer sind die genievollsten, phantasiereichsten
Menschen im Darstellen geübt, und wer erinnert
sich hier nicht an Lessings feine Bemerkung in
seiner »Emilia«, daß auf dem langen Wege vom Sitze der
Phantasie bis zum Pinsel oft so viel verlorengeht? Wenn
je ein Schluß a priori bindend ist, so bleibt es dieser: wo
wir Seelenkräfte von seltener intensiver Stärke in einer
göttlichen Harmonie vereint erblicken, da dürfen wir auf
göttliche Ausgeburten sicher rechnen, sie mögen sich
nun in materiellen Hüllen verkörpern, oder rein geistig,
wie ihr Urquell, von Auge zu Auge, von Seele zu Seele
hinüberblitzen. Gewiß, von diesen Geheimnissen der
Geisteswelt sinnbilderte ich nicht so gelehrt, wenn ich
nicht auf den Stufen des Tempels stände, wo jene Erscheinungen
auch dem Akoluthen* schon sichtbar sind.
Flämische Maler haben den größten Anteil an der
Bildergalerie in Düsseldorf. Ich hoffe, auf meinem Fluge
durch Brabant und Flandern noch Denkmäler der Kunst
anzutreffen, die mich mit ihnen aussöhnen sollen. Was