Betragen dieser herrschsüchtigen Menschen dennoch
nicht aufgegangen sind. Die Unionsakte war kaum unterschrieben,
die Unabhängigkeit der Provinzen kaum
feierlich angekündigt worden, als der Ausschuß der
Stände schon die Versammlungen der patriotischen Gesellschaft,
der man den glücklichen Erfolg der Revolution
fast einzig verdankte, unter dem Vorwande der Gehässigkeit
und Gefahr geheimer Zusammenkünfte
verbieten wollte. Allein damals trotzte die Gesellschaft
auf ihre gute Sache: »Den Tag und die Stunde«, ließ man
dem Komitee zur Antwort sagen, »wird öffentliche Sitzung
gehalten; alle ruhigen Bürger, alle Freunde des Vaterlandes
dürfen zugegen sein und die Beratschlagungen
mit anhören, die nur das allgemeine Wohl zum Ziele haben.
« Der Vorwurf des Geheimnisses traf also nicht eine
Gesellschaft, welche aus Bankiers und reichen Kaufleuten,
aus dem ganzen nicht repräsentierten Adel, aus den
Bürgern mehrerer Städte, verschiedenen Mitgliedern des
dritten Standes von Brüssel und den vornehmsten Advokaten
dieser Stadt bestand.
Allerdings hatte die Aristokratie wohl Ursache, gegen
diese Gesellschaft die heftigsten Maßregeln zu ergreifen,
wenn sie sich in ihrer angemaßten Oberherrschaft behaupten
wollte. Den Patrioten genügte es nicht, den Kaiser
vertrieben zu haben; sie wollten Freiheit in den Niederlanden,
nicht die alte Tyrannei unter einem neuen
Namen. In dieser Absicht entwarfen sie eine Bittschrift
an die Stände, welche bald von zwölfhundert der angesehensten
Männer in der Provinz unterzeichnet ward. Sie
stellten ihnen darin die Notwendigkeit vor, nach dem
Beispiel der Stände von Flandern die Souveränität des Volkes
feierlich anzuerkennen, die Finanzadministration zu
verbessern und die Lasten des Volkes zu erleichtern, den
Kommerz zu beleben, die Armee zu organisieren, die
Preßfreiheit zu bewilligen und alle Stellen und Ämter
nur ad interim, bis zur Versammlung der Nation, zu besetzen.
Nie hatten die Forderungen Josephs II. dem Ansehen
der Stände furchtbarer gedroht, als diese Bitten jetzt zu
drohen schienen, denen Vonck in seinen »Considérations
impartiales sur la position actuelle du Brabant«
durch unumstößliche, mit Bescheidenheit und Mäßigung
vorgetragene Gründe den größten Nachdruck verlieh.
Der erste und fruchtbarste Gedanke, den van der
Noot und seine Gehilfen diesem patriotischen Vorhaben
entgegensetzten, war natürlicherweise der, daß man
suchen müßte, den Eindruck jener billigen und vernünftigen
Vorstellungen durch den Einfluß der Geistlichkeit
auf die Gemüter zu verwischen, indem man jede Neuerung
unter den jetzigen Umständen als gefährlich und
feindselig gegen das Vaterland schildern ließe. Es ward
sogleich ein Zirkularschreiben an alle Pfarrer im ganzen
Lande erlassen, worin man ihnen anbefahl, eine Gegenadresse
an die Stände, welche auf Bestrafung der Neuerer
und Störer der öffentlichen Ruhe drang, in ihren
Kirchspielen unterzeichnen zu lassen. Zwei brabanti-
sche Offiziere reisten mit dieser Adresse im ganzen
Lande umher und bedienten sich allerlei unerlaubter
Mittel und sogar der Gewalt, um Unterschriften zu erzwingen.
Der Kanonikus du Vivier, Sekretär des Kardinals,
arbeitete mit einem frommen Eifer zu demselben
Zweck; und solchergestalt brachte man in kurzer Zeit
die Namen von viermal hunderttausend Brabantern zusammen,
welche diese Gegenadresse unterstützten.
Durch diese Spiegelfechterei ließ sich indes die patriotische
Gesellschaft nicht irremachen, vielmehr setzte
sie ihre Versammlungen fort und bemühte sich, ihre republikanischen
Grundsätze in ein helles Licht zu stellen.
Die sechs Kompanien von Freiwilligen, welche zu den
fünf sogenannten »Sermens« oder Bürgerinnungen von