der große allgemeine Unterdrücker aller gesellschaftlichen
Verträge, und diesen zu stürzen durch sanfte,
wohltätige Verbreitung des Lichtes der Vernunft, ist für-
wahr die edelste Rache.
Die Vernunft der wenigen, die ein Herz, sie zu wärmen,
hatten, .ist auch hier zu der edlen Reife gediehen,
die sich selbst genügt, still und ruhig wirkt, auf Hoffnung
säet und mit Vertrauen harrt. In schwächeren Köpfen
gärt und braust der Reichtum neuer und heller Begriffe
mit den ungezähmten Leidenschaften und gebiert
riesenhafte Entwürfe, wilde Schwärmerei, ungeduldigen
Eifer. Das Volk ist nirgends, mithin auch hier nicht, reif
zu einer dauerhaften Revolution, weder der kirchlichen
noch der politischen Verfassung: überall fehlt das Organ,
wodurch der Geist der Gärung in dasselbe übergehen,
sich mit ihm verbinden und eine gemeinschaftliche,
vorbereitende Stimmung bewirken soll; überall scheitern
die Versuche, sowohl der namenlosen Ehrgeizigen als
der größten Menschen, eine neue Ordnung der Dinge
einzuführen. In Holland herrscht noch die intolerante
Synode von Dordrecht, und ein Hofstede* darf ungestraft
verfolgen, verurteilen und verfluchen. Selbst in
England wagt es die gesetzgebende Macht nicht mehr,
seit Gordons Aufruhr zugunsten der bedrückten Religionsparteien
etwas zu unternehmen. Was Friedrich der
Große und Joseph der Zweite in ihren Staaten der Vernunft
einräumen wollten, wird entweder von ihren
Nachfolgern vorsichtig zurückgenommen oder von
ihren Untertanen ungestüm vernichtet. Hier müssen allmählich
Religionsedikte und Katechismusvorschriften
erscheinen; dort (in Brabant) wiegelt der Klerus das
Volk zur Empörung auf und usurpiert die Rechte des
Regenten. In Italien versinkt die Synode von Pistoja in
ihr voriges Nichts; am Rhein wird an Josephs Sterbetage
die Emser Punktation zerrissen. Spanien und Portugal
schlafen noch den Todesschlaf der betäubten Vernunft;
und ob in Frankreich die Heiligkeit der Hierarchie versinken
wird vor der großem Heiligkeit des Staatskredits,
liegt noch vom Schleier der Zukunft tief verhüllt. Diese
allgemeine Übereinstimmung ist nicht das Werk des Zufalls;
eine allgemeine Ursache bringt sie hervor; und
warum wollten wir der Politik den Sinn absprechen, die
Zeichen der Zeit zu erkennen? Warum wollten wir von
der Weisheit der Kabinette verlangen, daß sie eher das
unmündige Menschengeschlecht sich selbst überlassen
sollte, als jene unverkennbare Majestät der Wahrheit
hervorleuchtet, gegen welche die Willkür ohnmächtig
und ihr Widerstand eitel ist?
Die in Holland wiederhergestellte Ruhe hat unleugbare
wohltätige Folgen für seine innere und äußere Betriebsamkeit
hervorgebracht; man hat einem zerrüttenden
Bürgerkriege vorgebeugt, dessen Ausgang ungewiß
war, der aber in dem jetzigen Zeitpunkt, wo England ohnehin
schon allen Aktivhandel an sich reißt, unheilbare
Wunden geschlagen hätte. Wie sehr ist es nicht bei dieser
guten Wendung der Sache zu bedauern, daß die siegende
Partei keine Schonung kannte, sondern sich vielmehr
für berechtigt hielt, die beleidigte zu spielen und
die Hälfte der Nation für ihre Meinungen zu bestrafen!
Meinungen, in so gleichen Schalen gewogen, daß eine
Nation sich ihretwegen in zwei beinahe gleichstarke
Hälften teilt, können ohne Ungerechtigkeit keiner von
beiden zum Verbrechen gedeutet werden. Man hatte
nun einmal auf beiden Seiten das Schwert gezogen für
etwas - wie chimärisch es immer sei -, was man für
Freiheit hielt. Besiegt zu werden und den Irrtum eingestehen
zu müssen, ist unter solchen Umständen schon
Strafe genug; hier eine desto empfindlichere Strafe, je
gewisser die besiegte Partei durch ihre entschiedene
Mehrheit ihren Endzweck zu erreichen hoffen durfte,