schaft über alle Gemüter des Erdkreises anmaßt und keinen
Widerspruch erträgt.
Bereits im Jahre 1785 fing der Kaiser an, dieses System,
welches er in seinen deutschen Staaten zum Teil
schon gegründet hatte, auch in den Niederlanden einzuführen.
Das Verbot der Einfuhr fremder Fabrikate und
der Ausfuhr der rohen inländischen Produkte fiel dem
Speditionshandel dieser Provinzen sehr zur Last, indem
es die Transportkosten durch die Erhebung starker Transitzölle
um ein Merkliches erhöhte. Die Einteilung des
Landes in neun Kreise, nach dem Muster des österreichischen,
die Ernennung der Intendanten in den Kreishauptmannschaften,
die Einführung des neuen Gerichtssystems
durch den Freiherrn von Martini, der dieses
Geschäft in den italienischen Besitzungen des Kaisers
bereits glücklich beendigt hatte, und die Abstellung verschiedener
in den Privilegien zwar gegründeten, aber
durch die Länge der Zeit in Mißbräuche ausgearteten
Einrichtungen, bedrohte den Adel und die höheren
Stände überhaupt mit einer großen Schmälerung ihrer
bisher genossenen Vorrechte und des überwiegenden
Einflusses, den sie seit undenklichen Zeiten im Lande behauptet
hatten. Es war des Kaisers Absicht, allen seinen
Untertanen, ohne Ansehen des Ranges, des Standes und
der Person, gleichen Schutz des Gesetzes angedeihen
zu lassen und von allen einen gleichförmigen Beitrag
zu den Bedürfnisses des Staats zu fordern. Diesen gerechten
und billigen Vorsatz konnte er aber nicht anders bewerkstelligen,
als indem er den bisherigen Gang der Geschäfte
in den Gerichtshöfen abänderte, wo derselbe zu
verwickelt war und ihm gar zu viele Schwierigkeiten in
den Weg legte, die Tribunale selbst aufhob und zur Erhebung
der neuen Steuern andere Beamte, mit anderen
Vorschriften und Vollmachten als die vorigen, einsetzte.
Beinahe noch wichtiger war derjenige Teil seiner Reform,
welcher die Diener der Religion betraf. In ihrer
Person wollte er dem Volke bessere Erzieher und Führer
bereiten und stiftete zu dem Ende überall in seinen
Landen, mithin auch in den belgischen Provinzen, ein
Generalseminarium, ein Erziehungsinstitut für künftige
Priester und Pfarrer, wo sie nach besseren Grundsätzen
als bisher gebildet und in den Pflichten nicht bloß des
hierarchischen Systems, sondern auch der Menschheit
und des Bürgers zweckmäßig unterrichtet werden sollten.
Löwen, diese alte, einst berühmte, durch die Freigebigkeit
ihrer Stifter vor allen ändern begüterte Universität,
die jetzt in den Pfuhl des ultramontanischen Verderbens
gesunken war, erheischte die ganze Aufmerksamkeit
und Sorgfalt des Monarchen und seiner Studienkommission.
Die beinah uneingeschränkten Gerechtsame dieser
hohen Schule hatten daselbst in den Händen herrschsüchtiger
Priester ein System von Mißbräuchen, eine
Verschwörung wider die Menschheit und was sie adelt,
die Denkkraft, erzeugt, dessen schauderhafte Wirkungen
ohne gänzliche Umschmelzung der Universität nicht
vertilgt werden konnten. Es wurden anfänglich vier Direktoren
in den vier Fakultäten ernannt, um die Studien
nach einem neuen Plan daselbst einzurichten; allein
diese Vorkehrung, welche bei einem von der Geistlichkeit
und dem päpstlichen Nuntius unter den Studenten
angezettelten Tumult und in det Folge bei jeder Veranlassung
den heftigsten Widerspruch erlitt, ward zuletzt
unzulänglich befunden.
Die Erziehung des Volkes, der Hauptgegenstand von
Josephs väterlicher Fürsorge, konnte nicht ohne große
Kosten auf einen besseren Fuß gesetzt werden; die
neuen Besoldungen der Schullehrer und Seelsorger beliefen
sich auf ansehnliche Summen, zu deren Bestreitung
der Fond erst ausgemittelt werden mußte. Den Kaiser
führte sein Plan hier wie in Österreich, Ungarn und