sehen; es sollte ihn erinnern an das Bedürfnis des Volkes,
nach vollbrachter Arbeit zu genießen und des Lebens
froh zu werden, an den Beruf des Herrschers, den
Sinn für Freude zu erwecken und rege zu halten; an die
große Erfahrung, daß die Menschen mit leichten Ketten
spielen, die schweren aber zerbrechen oder unter ihrer
Last hinsinken. Außerdem nähmen sich freilich die Belustigungen
der zahlreichsten Klasse des Menschengeschlechts
im Leben besser aus als auf der Leinwand,
wenn der Künstler (wie es hier der Fall ist) nur Karikaturen
einer tölpischen Fröhlichkeit schaffen kann. Osta-
dens Bauern sind noch plumper, noch grotesker ungeschickt
als die von Teniers; in einem von seinen
Gemälden zeigte man uns sogar als etwas Verdienstliches
eine kleine menschenähnliche Figur im Hintergründe,
die, ihrer Unförmlichkeit ungeachtet, den Kennern
ihren Urheber verrät.
Von Rubens ist in dieser Sammlung eine Madonna
mit dem Kinde, genau dieselbe, die aüch in der Galerie
zu Düsseldorf befindlich ist und die mein Freund Heß
so schön gestochen hat; nur sind im hiesigen Gemälde
noch einige Nebenfiguren, und die Ausführung ist
schlecht geraten. Es waren noch ein paar andere Stücke
von Rubens im Zimmer, nicht ohne das ihm eigentümliche
Verdienst; allein ich hatte nur Augen für seine
kleine, niedliche Skizze von Mariens Himmelfahrt. Die
Stellung der zum christlichen Olymp hinauffahrenden
Göttin ist wirklich schön; sie hält die rechte Hand empor
und senkt die linke halb, gleichsam bereit, mit Entzük-
ken zu empfangen. Ihr Blick ist Wonne, ohne die Bescheidenheit
der Demut, aber auch ohne die Arroganz
der Selbstsucht. Die Gruppe wäre gut gedacht, wenn nur
die Engel fliegen könnten. Daß doch immer etwas Unvollkommenes
oder Unpassendes die Freude verderben
muß, die Rubens geben kann!
Die Ausnahme von dieser Regel fanden wir bei Herrn
van Haveren; die drei unvergleichlichen Porträts von
Rubens’ Hand, die er besitzt, gewähren in der Tat den
reinsten Genuß des ganzen Umfanges seiner Kunst.
Zwei davon sind die Frauen, das dritte, wenn ich recht
verstand, die Geliebte des Künstlers. Unmöglich kann
man der Natur mit mehr Gewandtheit ihre gefälligsten
Züge ablauschen und wiedergeben. Diese drei wohlbeleibten
flämischen Schönen ließen sich mit dieser durchschimmernden
Sinnlichkeit die Liebkosungen des feurigen
Künstlers gefallen, und ihm genügten diese
materiellen Reize, wenn er die Spannung vor der Staffelei
durch eine andere ablösen wollte. Die täuschende
Wahrheit der Kunst, die ganz etwas anderes ist als die
knechtische Treue eines Denner, eines bloßen Abschreibers
der Natur, hat Rubens hier zur höchsten Vollkommenheit
gebracht, es sei im Kolorit oder besonders in
dem Farbenspiel des Gesichtes oder in der bestimmten
Gestalt einzelner Züge und ihrer zarten Verschmelzung.
Der wunderschöne Schatten, den der Strohhut auf das
schönste von den drei Gesichtern wirft, und die küssenswerten
Hände der beiden anderen Huldinnen des
Künstlers haben ihresgleichen nicht und beweisen unwi-
dersprechlich, daß er sie mit Liebe malte.
Man brachte uns von hier zu Herrn Lambrechts, der
nicht bloß Liebhaber, sondern zugleich Künstler sein
will, indem er seine Muße damit hinbringt, die alten
Stücke seines Kabinetts mit einem glänzenden Firnis zu
bepinseln, welches oft die schlimmste Wirkung tut. Er
besitzt einige gute Porträts von van Dyck, Rubens, Rem-
brandt und Jordaens; von dem letztem insbesondere den
Kopf einer alten Frau, mit mehr Ausdruck und feineren
Details, als man ihm zugetraut hätte. Auch sahen wir
einen italienischen alten Kopf von Spagnoletto, ein paar
große, köstliche Berchems, einige Poelenburgs, Ostaden