morblock oder zerriebene Farben oder die Elemente der
Sprache den rohen Stoff ausmachen, den der Künstler
bilden soll, dies kann insoweit gleichgültig sein, als nur
die Arbeit den Wert des Kunstwerks bestimmt; und
diese Arbeit nun, nach welchem ändern Verhältnisse
läßt sie sich schätzen, als dem gedoppelten des innern
Wertes und Reichtumes der schaffenden Seele und des
Grades der Vollkommenheit, in welchem sie sich mit
ihrer Schöpfung identifizierte? Oder sollte es hier wirklich
nicht auf das erstere, nicht auf die Humanität des
Künstlers ankommen? Sollte nur die Gabe darzustellen,
gleichviel was dargestellt würde, den Meister bezeichnen?
Dann freilich gibt es keine größeren Maler als Dou
und Mieris und Metsu; dann könnte es sich treffen, daß
ein Harlekin der größte Schauspieler genannt zu werden
verdiente; dann hieße das Geklingel und Geklapper der
Silben und die, wie Paul Denners Köpfe, bis auf jedes
Härchen mühsam, ekelhaft und geschwätzig nach dem
Leben kopierten Sittengemälde unserer Idyllenschmiede
das Nonplusultra der Dichtkunst.
Unstreitig hat die bloße Nachahmung der Natur
schon ihr großes Verdienst; sie ist die unnachläßliche
Bedingung zu weiteren Fortschritten. Es setzt sogar in
allen drei Künsten, die ich eben erwähnte, ein weitgetriebenes
Studium, einen gewissen Umfang der Kenntnisse,
der Erfahrung und Übung voraus, um nur den Mechanismus,
so der Farbenmischung und Farbengebung
wie der metrischen Bewegungen und ihrer Anwendung
oder endlich der Mimik und Deklamation, auf die höchste
Stufe der Vollkommenheit zu bringen. Vielleicht
aber liegt es schon in der Natur menschlicher Anlagen,
daß gemeinhin bei der Konzentration aller Kräfte auf
diese mechanischen Vorübungen, die Fähigkeit, zu den
höheren Zwecken der Kunst hinanzusteigen, verloren
geht oder wohl gar von Grund aus schon fehlt. In der
Mechanik der Kunst konnten die Niederländer selbst
einen Raffael übertreffen; allein wer seine Formen sieht,
in seinen Gemälden Gedanken liest und Gefühle ahnt,
den umfassenden, erschöpfenden wählenden Sinn darin
erkennt, womit der hohe Künstler den Menschen und
sein Treiben durchschaute, wird ihm der nicht die kleinen
Mängel seiner Palette gern erlassen? Ich möchte fast
noch weiter gehen, ich möchte mich überreden, daß den
größten Meistern soviel von diesem Machwerk zu Gebote
gestanden, als sie gerade zur Vollkommenheit ihrer
Darstellung bedurften, daß die üppige, wollüstige Vollendung
eines Tizian den Eindruck hätte stören können,
den Raffaels erhabener Ernst hervorbringen sollte. Soviel
ist wenigstens gewiß, daß die Darstellung der griechischen
Gottheiten darum bereits außerhalb der Grenzen
der Malerei zu liegen und ein ausschließendes
Eigentum der Bildhauerei zu sein scheint, weil das irdische
Kolorit großenteils die Täuschung vernichtet, welche
das idealisierte Ebenmaß allein bewirken kann; die
vortrefflichsten gemalten Göttinnen und Götter sind weiter
nichts und machen keinen ändern Eindruck als
schöne Frauen und Männer. Wenn ich diese Bemerkung
auf solche Gegenstände anwende, die der Malerei vorzüglich
angemessen sind und in deren Bearbeitung sie
eigentlich ihre höchste Vollkommenheit erreicht, so
dünkt es mich auch hier, daß der heroischen Natur, der
idealischen Schönheit, der ästhetischen und sittlichen
Größe eine gewisse Täuschung nicht nur der Formen,
sondern auch der Farbengebung notwendig zugestanden
werden müsse, welche mit dieser Einschränkung gleichwohl,
über jede gewöhnliche und bekannte Natur hinwegschwebend,
den Charakter des Erhabenen ausdrückt.
Würde nicht, zum Beispiel, die Wärme, womit es
erlaubt ist eine Danae, eine Leda oder eine Kleopatra zu
malen, dem Bildnis einer Heiligen übel anstehen? Oder