aufblühen, wann gebildete Völker Afrika bewohnen werden?
Mich dünkt, die Antwort könnte man sich leicht erträumen:
Hunger und Kälte werden dereinst gewaltiger
und unaufhaltsamer als vor Zeiten der Fanatismus und
der Ehrgeiz wirken, um die Völker von Europa in hellen
Haufen über jene barbarischen Weltteile hinzuströmen.
Wir werden uns in die Wälder des Hämus*, des Taurus*
und Amanus*, ja wohl gar des Kaukasus und Emaus*
stürzen, die dortigen Barbaren bezwingen oder verdrängen
und die Fackel der Wissenschaft wieder in jenen
Kreis zurücktragen, in welchem sie zuerst dem Menschen
in die Hand gegeben ward. Dünkte es Dich ein
Frevel, daß ich mich so in die Zukunft hineinträume?
Was kann ich dafür, daß meine Phantasie mir Wahrscheinlichkeiten
vorrechnet und sich ein mögliches Bild
daraus formt? Zwar besteht alles nun schon so lange in
unserm Norden; so schöne Blüten und in solcher Menge
sind bei uns aufgegangen; so manche herrliche Frucht
des Geistes ist gereift; das Menschengeschlecht hat hier
eine Bildung gewonnen, die es, wenn wir eins ins andre
rechnen, noch nirgends hatte; wir schreiten vorwärts auf
einem so schönen Wege; alles scheint unserer jetzigen
Form des Wissens und unseren politischen Verhältnissen
Dauer zu verheißen! Ich gestehe Dir, dieses Räsonnement
kommt mir nicht viel besser vor .als die Hoffnung
eines langen Lebens, womit alte Leute sich
schmeicheln, die immer desto stärker an dem Leben
hängen, je näher sie seinem Ziele rücken. Mir bürgt die
Vergänglichkeit der Dinge dafür, daß, je älter eine
menschliche Verfassung wird, ihr Ende um so näher sei.
Wir können das Menschengeschlecht nur mit sich selbst
vergleichen; und obschon der Teil seiner Geschichte,
den wir kennen, gleichsam nur von gestern ist, so enthält
er doch schon Begebenheiten genug, die uns lehren
können, unter ähnlichen Umständen einen ähnlichen
Ausgang zu erwarten. Die allgemeine Bildung und Entwicklung
unserer Kräfte läßt sich fast nicht höher treiben.
Können wir den Bogen stärker spannen, ohne daß
er bricht? Kann unsere Vernunft noch scharfsinniger geprüft,
können unsere größeren und kleineren, öffentlichen
und häuslichen Verhältnisse noch genauer berechnet
werden? Sind wir dem höchsten Gipfel der
Verfeinerung nicht nahe? — Wenn man aber den Berg
erstiegen hat, so bleibt in dieser Ixionswelt* nichts
übrig, als wieder kopfüber, kopfunter das Rad in die
Tiefe zu rollen und von unten auf sich über ein neues
Gebirge zu schleppen. Töricht wäre es allerdings, eine
allgemeine Revolution in Europa, die den Zusammensturz
politischer, sittlicher und wissenschaftlicher Formen
mit sich brächte, im Ernste nur vom Holzmangel
herzuleiten, der mich hier darauf geleitet hat. Aber als
mitwirkende Ursache kann er immer bestehen, wennschon
das unübersehbare System unserer Kenntnisse,
die Auflösung der Sitten, das Mißverhältnis der Religionsbegriffe
und der Regierungsformen zu dem jetzigen
Zeitalter, der Verfall der Hierarchie, das zerstörte
Gleichgewicht der Mächte, die Treulosigkeit der Politik,
die Veränderungen des Handelssystems, die herannahende
Blütezeit des amerikanischen Freistaates und solche
wichtige Ursachen mehr noch ungleich schneller
und kräftiger zu jenem Ziele wirken. Übrigens - zum
Trost aller armen Sünder auf und unter dem Throne —
sind vielleicht tausend Jahre zu einer solchen Revolution
die kürzeste Frist.
Über die Unbeständigkeit der Verfassungen nachzudenken
ist wohl nirgends natürlicher als in Aachen, wo
die Reichsinsignien den Fremden an die tausendjährige
Dauer des deutschen Reiches, das jedoch in diesem Zeitraum
so wesentliche Veränderungen erlitten hat, recht
lebhaft erinnern. Ich habe die Kathedralkirche besucht.