köpfen und steinernen Wolken verunstaltet, und ständen
nicht über den Ecken des Frontons ein paar verunglückte
pastetenähnliche Türmchen, so wäre es wirklich
mit dem einfachen »Deo S.«, statt aller Aufschrift, eines
der schönsten, die ich gesehen habe. Die Gemälde von
Reyns, Pourbus, Elias, Leys und Claaßens, die das Innere
der Kirche verzieren, kann ich füglich mit Stillschweigen
übergehen. Daß aber eine Stadt mit 30000 Einwohnern
nur eine Pfarrkirche hat, ist ein trauriger Beweis von
dem verkehrten Einfluß der Mönche, denen es hier an
Klöstern nicht gebricht.
Seit zwölf Jahren zum ersten Mal begrüßte ich hier
wieder das Meer. Ich werde Dir nicht schildern können,
was dabei in mir vorging. Dem Eindrücke ganz überlassen,
den dieser Anblick auf mich machte, sank ich
gleichsam unwillkürlich in mich selbst zurück, und das
Bild jener drei Jahre, die ich auf dem Ozean zubrachte
und die mein ganzes Schicksal bestimmten, stand vor
meiner Seele. Die Unermeßlichkeit des Meeres ergreift
den Schauenden finstrer und tiefer als die des gestirnten
Himmels.
Der Hafen von Dünkirchen ist klein, beinahe gänzlich
durch Menschenhände gebildet und so seicht, daß er nur
kleine Schiffe aufnehmen kann. Innerhalb desselben ist
ein vortrefflich eingerichtetes Bassin, wo die Schiffe ausgebessert
und neue vom Werft hineingelassen werden.
Wir sahen und bewunderten die mechanischen Kräfte,
wodurch man eine von diesen großen Holzmassen auf
die Seite legte und ihr einen neuen Boden statt des gany
vermoderten gab. Die Sandbänke vor dem Eingang des
Hafens und seine Krümmungen zwischen den Steindämmen
(jetées) zu beiden Seiten gewähren den Schiffen
vollkommene Sicherheit, so sehr sie ihnen auch das Ein-
und Auslaufen erschweren. Die Dämme erstrecken sich
weit ins Meer hinaus und bestehen aus eingerammten
Pfosten, die mit verflochtenem Strauchwerk oder sogenannten
Faschinen verbunden sind und zwischen deren
Reihen man alles mit Granit- und schwarzen Jaspisblök-
ken ausgefüllt hat. Auf jeder Seite des Hafens liegt eine
kleine Schanze, welche den Eingang bestreicht. Es war
jetzt Ebbezeit, und auf dem entblößten Sande lagen Seesterne,
Meernesseln, Korallinen, Madreporen*, Muscheln,
Seetang, kleine Krebse, kurz allerlei, was in den
Fluten Leben hat, in Menge angeschwemmt. Insbesondere
erstaunten wir über die vielen viereckigen, gehörnten
kleinen Beutelchen von einer glatten, schwarzen, faserigen,
lederartigen Substanz, die man Seemäuse nennt,
ob sie gleich eigentlich die Hülsen oder Eierschalen der
jungen Rochen sind. Wir beschäftigten uns einige Zeit
mit der Einsammlung dieser Naturalien. Plötzlich umleuchtete
uns die Sonne. Die düstre graue Farbe des
Wassers verwandelte sich in durchsichtiges, dunkelbläuliches,
auf den Untiefen blässeres Grün; die Brandung
an den äußersten Sandbänken schien uns näher gerückt
und brauste schäumend daher wie eine Schneelawine;
große Strecken des Meeres glänzten silberähnlich im zurückgeworfenen
Licht, und am fernen Horizont blinkten
Segel wie weiße Punkte. Eine neue Welt ging uns auf.
Wir ahnten in Gedanken das gegenüberliegende Ufer
und die entfernten Küsten, die der Ozean dem kühnen
Fleiße des Menschen zugänglich macht. Wie heilig ist
das Element, das Weltteile verbindet!
Die wiederkehrende Flut, die allmählich alle Sandbänke
bedeckte, rief uns von unserm Staunen in den engem
Kreis der menschlichen Geschäftigkeit zurück. Wir
trockneten unsere eingesammelten Schätze am Feuer
und machten uns zur Abfahrt nach Fürnen (Veurne) fertig.
Ehe ich aber mit meiner Erzählung weitereile, will
ich Dir mit zwei Worten das Theater beschreiben, das
wir noch am Abend unserer Ankunft in Dünkirchen be