Zimmers ist mit verschiedenen Vögeln bemalt, die der
Sammlung fehlen. Das Konchylienkabinett* hat nicht
viele Seltenheiten, Kostbarkeiten und sogar nicht viele
Gattungen; es enthält nur die gemeinsten Sorten und
eine Menge Dubletten. Desto reicher ist aber die schöne
Mineraliensammlung, die zwar keine methodische Ordnung
hat und ebensowenig eine vollständige Folge aufweisen
kann, aber gleichwohl, wenn man sie nicht als
ein Ganzes beurteilen will, manches Kostbare enthält
und dem Kenner willkommene und lehrreiche Bruchstücke
darbietet, besonders die unvergleichliche vesu-
visch-vulkanische Sammlung in einem draußenstehenden
Schranke, einen reichen Vorrat von Goldstufen,
sehr schönen weißen Bleispat vom Glücksrad am Harz,
Eisenglaskopf von den seltensten Konfigurationen,
prächtiges rotes Kupferglas, Flußspatdrusen, Versteinerungen
u. dgl. m. Das Merkwürdigste war mir ein Menschenschädel,
der gleichsam aus gelb-braunem Tuff von
sehr dichtem, festem Bruch, woran keine Lamellen
kenntlich sind, besteht. An einigen Stellen ist die Substanz
desselben zolldick, ohne daß man auf dem
Schnitte die geringste Spur von Inkrustation erkennen
kann. Der halbe Oberkopf ist nämlich bis an die Augenbrauen
und hinten bis auf die Hälfte des Hinterhaupts
wie ein Segment ausgeschnitten, so daß man es herausnehmen
und inwendig alles besehen kann. Ein Umstand
ist dabei sehr auffallend: die Substanz dieses Schädels
hat in ihrer Veränderung fast alle feineren Hervorragun-
gen so bedeckt und alle Vertiefungen so ausgefüllt, daß
man sowohl auf der innern, als auf der äußern Oberfläche
nur kleine abgerundete Spuren erblickt; gleichwohl
sind die Gelenkflächen des Kopfes und des Unterkiefers
allein verschont und in ihrem natürlichen Zustande geblieben.
Dies allein beweiset schon, daß dieses seltene
Stück nur zur Erläuterung der Lehre von den Krankheiten
der Knochen dienen kann und keineswegs, wie man
vorgibt, ein versteinerter Menschenschädel ist. Solche
Versteinerungen sind zwar von ändern Tierklassen nicht
selten, hingegen vom Menschen ist bis jetzt noch
schlechterdings kein einziges unbezweifeltes Petrefakt
gefunden worden. Die Krankheit, welche hier diese sonderbare
Erscheinung an einem Menschenschädel hervorgebracht
hat, ist eine der ungewöhnlichsten gewesen,
nämlich ein Überfluß von wucherndem Knochensaft
oder Knochenstoff, wodurch bei Lebzeiten des unglücklichen
Individuums die Teile des Schädels zu einer unförmlichen
Gestalt angewachsen sind und ihn allmählich
aller Sinnorgane beraubt haben müssen. Dabei ist es vorzüglicher
Aufmerksamkeit wert, daß die Nervenlöcher
doch verhältnismäßig nur wenig verengt worden sind.
Man hat bereits in d’Argenvilles* Oryktologie die Abbildung
eines dem hiesigen vollkommen ähnlichen Schädels,
und unser Sömmering besitzt einige auf ebendieselbe
Art unförmlich angequollene Hühnerknochen.
Ich will mir den Glauben nicht nehmen lassen, daß
diese wissenschaftlichen Ansichten, welche Dich gewiß
sehr lebhaft beschäftigen werden, eine Seite haben, an
der sie auch eine weniger vorbereitete Wißbegierde befriedigen
können. Es kommt einesteils nur darauf an,
diese allgemein interessierende Seite herauszukehren,
und andernteils müßte der Zuhörer nur eine gewisse Tätigkeit
der eigenen Geisteskräfte und einen richtigen
Sinn besitzen, um überhaupt alles Neue, sobald es nicht
in Kunstwörtern verborgen bleibt, unterhaltend, richtig
und anwendbar zu finden. Je reicher die Ausbildung unseres
Zeitalters, je größer die Anzahl unserer Begriffe, je
erlesener ihre Auswahl ist, desto umfassender wird unser
Denk- und Wirkungskreis, desto vielfältiger und anziehender
werden die Verhältnisse zwischen uns und allem,
was uns umgibt. Daß wir uns auf diesem Punkte der