drohte den Ständen augenscheinlich mit dem Verlust
ihrer ganzen Autorität; einer Autorität, die, so sehr sie
mit dem wahren Interesse des belgischen Volkes stritt,
ihnen gleichwohl durch langwierigen Besitz und durch
die feierliche, eidliche Bekräftigung aller ihrer Privilegien,
von jedem neuen Thronbesteiger, und namentlich
auch von Joseph dem Zweiten im Jahr 1781, zugesichert
worden war. Der Adel nebst dem dritten Stande, dessen
Zustimmung unter den jetzigen Umständen leicht gewonnen
ward, verbanden sich mit der Geistlichkeit zu
gegenseitigem Beistände; sie wurden einig, zuerst das
politische und gerichtliche System des Kaisers anzugreifen,
und sobald ihnen dieses gelungen sein würde, mit
vereinigten Kräften von neuem auf die Zurücknahme
aller Verordnungen zu dringen, welche die geistliche
Reform zum Ziele hatten.
Eine trügerische Ruhe ging dem Ausbruch dieser verabredeten
Bewegungen vorher. Der Kaiser hatte seinen
Entschluß bekannt gemacht, seine erhabene Freundin,
Katharina die Große, auf ihrem Zuge nach Taurien zu
besuchen, und die Niederländer warteten den Zeitpunkt
seiner Entfernung ab, um ihr Vorhaben auszuführen.
Am 11. April hatte der Kaiser seine Residenz verlassen;
am 17. versammelten sich die brabantischen Stände, und
am 26. weigerten sie sich, die gewöhnlichen Subsidien
zu bewilligen, es sei denn, daß alle neue Einrichtungen,
als unverträglich mit ihren Vorrechten, wieder aufgehoben
würden. Das vom Kaiser abgesetzte Konseil von
Brabant erklärte am 8. Mai die neuen Gerichte für verfassungswidrig
und alle ihre Prozeduren für nichtig. In
Flandern, Hennegau, Tournesis, Mechelen und Geldern
folgte man diesem Beispiele; nur Limburg und Luxemburg
blieben ruhig und äußerten ihre Zufriedenheit mit
der neuen Verfassung. Das Vorrecht der Niederländer,
nur in ihrem Vaterlande gerichtet zu werden, war in der
Person eines Seifensieders, de Hondt, verletzt worden.
Das Volk, gestimmt und gereizt durch die Widersetzlichkeit
der Stände gegen das Gouvernement, bediente
sich dieses Vorwandes, um mit einem allgemeinen Aufruhr
zu drohen. Schon schleppte man Strohmänner mit
dem daran befestigten Namen »Kreishauptmann« durch
die Straßen und verbrannte sie auf öffentlichem Markt;
man warf dem Minister Grafen von Belgiojoso und anderen
kaiserlichen Beamten die Fenster ein und bewog dadurch
den Präsidenten des souveränen Justizhofes von
Crumpipen, seinen Posten zu resignieren. Die Konzessionen,
wozu sich die Erzherzogin Christine nebst
ihrem Gemahl genötigt sah, schienen das Volk und die
Stände nur beherzter zu machen. Am 30. Mai erfolgte in
Brüssel ein neuer Auflauf, der mit den fürchterlichsten
Symptomen ungezügelter Wut im Pöbel und mit einer
ungestümen Forderung von seiten der Stände an die Generalgouverneurs
begleitet war. Die peremptorisch * verlangte
und noch denselben Abend erfolgte Entschließung,
von der man schwerlich erfahren wird, wieviel
davon erzwungen und wieviel freiwillig oder absichtlich
zugestanden war, enthielt die Versicherung, die Privilegien,
Freiheiten, Herkommen und Gebräuche, wie sie
seit zweihundert Jahren bestanden hätten, unverändert
aufrecht zu erhalten und alles zu annullieren, was dawider
geschehen sei. Das Volk ging am ändern Morgen
von einem Extrem zum ändern über, von aufrührerischer
Wut zu ausgelassener Freude. Sechshundert junge
Brabanter, aufs prächtigste gekleidet, zogen die Generalgouverneurs
in ihrem Wagen unter Begleitung der Musik
in die Komödien; die Stadt war erleuchtet, man löste
die Kanonen und läutete mit allen Glocken.
Des Kaisers beschleunigte Rückkehr nach Wien verwandelte
die schönen Hoffnungen, womit man sich
schon wiegte in Trauern und Zagen. Er berief die Gene