tion hatte, schon eingedrungen waren. Außerdem würde
Förster dort einen historischen Vorgang beobachten
können: das aufkeimende Nationalbewußtsein der Niederländer
in Auflehnung gegen die absolutistische österreichische
Herrschaft.
Wilhelm von Humboldt hatte Förster zu dieser Reise
nicht nur mit angeregt, sondern auch seinem Bruder
Alexander empfohlen, Förster zu begleiten. Die beiden
Reisegenossen kamen glänzend miteinander aus, und
für Alexander von Humboldt war die Reise richtungsweisend
für seine weitere Entwicklung als Forschungsreisender
und Reiseschriftsteller.
Die beiden jungen Leute begannen ihre Reise im
März 1790 in Mainz, fuhren den Rhein hinab bis Köln
und Düsseldorf und wandten sich dann nach Westen,
nach Jülich und Aachen. Anschließend kamen sie ins
heutige Belgien, ein Gebiet, in dem es damals gärte. Das
interessierte Förster, und mit Freude bemerkt er, nicht
ohne Spott, daß »selbst im Postwagen die Gespräche über politische
Zustände kein Ende nahmen und eine erstaunliche Menge
neuer Ideen im Umlauf waren, die noch vor zehn Jahren den Unwillen
einer Mehrheit in den Postwägen Deutschlands und Brabants
erregt hätten.« Die einzelnen Ereignisse, ihre Ursachen
und Auswirkungen stellt Förster selbst ausführlich
dar, so daß hier nur ein kurzer Überblick über die bewegte
Geschichte und die verwickelten Herrschaftsverhältnisse
dieses Landstrichs gegeben wird. Die Karte am
Ende des Buches soll das Ganze etwas veranschaulichen.
Belgien existierte damals noch nicht als souveräner
Staat; es gab im Norden die Republik der Vereinigten
Niederlande und im Süden die Österreichischen Niederlande.
Den nördlichen Provinzen des einstmals zusammenhängenden
Staatsgebildes, nämlich Holland, Seeland,
Utrecht, Geldern, Overijssel, Friesland und
Groningen, war es nach langem Freiheitskampf gelungen,
sich von der spanischen Herrschaft freizumachen
und sich zu einer unabhängigen Republik zusammenzuschließen.
Ihre gemeinsame, aus den Ständevertretern
aller Provinzen zusammengesetzte Regierung nannten
sie die Generalstaaten oder die Generalität. Die südlichen
Provinzen waren zunächst bei Spanien geblieben
und 1713 im Utrechter Frieden, der die Spanischen Erbfolgekriege
Ludwigs XIV. beendete, an das österreichische
Haus Habsburg gekommen. Es waren dies die zwei
großen Provinzen Brabant (mit Mecheln, Antwerpen
und Brüssel, der Residenz des Generalgouvernements
der Österreichischen Niederlande) und Flandern (genauer
das österreichische Flandern, denn es gab auch
noch ein holländisches Flandern und ein französisches
Flandern mit den Städten Lille und Dünkirchen) sowie
die kleineren Provinzen Hennegau, Namur, Limburg,
Obergeldern und Luxemburg. Zur Zeit von Försters Besuch
versuchten die österreichischen Provinzen gerade,
sich als États belgiques unis von der österreichischen
Herrschaft frei zu machen, wurden aber schon im Dezember
1790 durch Österreich wieder unterworfen. Zwischen
dieses Gebiet der Österreichischen Niederlande
schob sich noch wie ein Keil das Fürstbistum Lüttich als
selbständiges Gebiet. Der Fürstbischof unterstand dem
Erzbischof von Köln und war selbst ein Fürst des Deutschen
Reiches.
1794/95 wurden die Verhältnisse durch den Einmarsch
des französischen Revolutionsheeres vereinfacht.
Die Österreichischen Niederlande wurden Frankreich
einverleibt und die Republik der Vereinigten
Niederlande als Batavische Republik Frankreich angeschlossen.
Auf dem Wiener Kongreß wurden beide Gebiete
mit dem Bistum Lüttich wieder zum Königreich
der Vereinten Niederlande zusammengeschlossen.
Doch die konfessionellen Gegensätze zwischen dem