Das Glück, sich mit einer Landsmännin von Stande in
Gesellschaft zu sehen, hatte sichtbaren Einfluß auf un-
sern Ritter; er nahm ein Air von Würde an, das in der
Tat ins hohe Komische gehörte. Die Dame aus Antwerpen
war indes in ihrer Art wenigstens eine ebenso auffallende
Karikatur wie er selbst. Sie reisete ohne alle Bedienung
mit einer achtjährigen Tochter und mochte
wirklich von Stande sein, wofür sie der Ritter hielt; denn
sie war für eine Modehändlerin zu gelehrt und für eine
französische Komödiantin nicht ungezwungen genug in
ihrer Koketterie. Ihr langes, bleiches Gesicht machte
noch Ansprüche auf Schönheit, die aber ihre lange hagere
Figur schlecht unterstützte; im Grimassieren, Gestikulieren
und Modulieren des Tons war sie Meister, so
daß sie alle Beschreibung zuschanden macht. Sie politisierte
über alle Angelegenheiten von Europa mit einer
Dreistigkeit und einer Fülle von Kunstwörtern, die mancher
für Sachkenntnis genommen hätte. Auf ihrer Reise
in Holland hatte Rotterdam ihr gefallen; vom Haag hingegen
behauptete sie, daß es den Vergleich mit Versailles
nicht aushielte. Doch rühmte sie den Diamantenschmuck
der Erbstatthalterin. Alles war entweder ganz
vortrefflich oder ganz abscheulich, und ihre Superlative
bestanden immer aus einer dreifachen Wiederholung
des Worts, welches sie das erste Mal langsam, die beiden
folgenden Male aber äußerst schnell aussprach.
Als der alte Chevalier seine Magd aus dem Zimmer
zum Essen schickte, riß die Donna die Augen weit auf
und blickte starr hinter ihr her, bis sie schon längst zur
Tür hinaus war; dabei schraubten sich Mund und Nase
zu einem unbeschreiblichen Ausdruck der hochmütigsten
Verachtung. Sprach ein Bedienter sie bei Tische an,
so antwortete sie ihm mitten in der heftigsten Deklamation,
wobei sie gemeiniglich, um Eindruck zu machen,
im Tenor blieb, mit einer sanften, unschuldigen Diskantstimme
und einem Ton der unerträglichsten Gleichgültigkeit.
Mit eben dieser zarten Stimme und einem affektierten,
ganz gefühllosen Zärtlichtun adressierte sie auch
von Zeit zu Zeit an ihr Hündchen unter dem Tisch einige
süße Worte. Kurz, es wäre verlorne Mühe gewesen,
an diesem Geschöpfe nur noch eine Faser Natur zu suchen.
Unter solchen Menschen leben wir, lachen wo wir
können, und wälzen uns durch eine Welt, die uns fremd
bleibt, bis der Zufall hier oder dort ein Wesen erscheinen
läßt, an dessen innerem Gehalt der lechzende Wanderer
sich erlaben kann. Daß solche Erscheinungen fast
überall möglich sind, wird man ohne die auffallendste
Einseitigkeit nicht leugnen wollen; daß aber mehr als
Glück dazu gehört, sie gleichsam im Fluge zu treffen, indem
wir schnell vorübereilen, das, dünkt mich, versteht
sich von selbst. Trifft man sie aber nicht an, so sind dergleichen
Verzerrungen, wie ich sie hier geschildert habe,
willkommener als die ganz alltäglichen platten Geschöpfe,
die keine Prise geben, weil ihnen sogar alles
fehlte, was des Verschraubens fähig war. In Löwen
machten wir keine Bekanntschaft; ich muß mich daher
bei meinen Bemerkungen ziemlich auf das Äußere und
Leblose einschränken.
Eine alte Mauer von Backsteinen umringt diese Stadt,
und in Büchsenschußweite voneinander sieht man noch
alte runde, massive Türme, die, so wie die Mauer selbst,
verfallen sind. Die hiesige Kollegiatkirche zu St. Peter ist
ein schönes gotisches Gebäude; die Höhe der Bogen, die
weiße Farbe und die Einfalt des ganzen Inneren machen
einen herrlichen Effekt. Es war schon zu finster, um das
Altarblatt und überhaupt irgend etwas von den vielen
Gemälden in den hiesigen Kirchen und Klöstern zu sehen.
Crayers beste Stücke trifft man hier in der St. Quin-
tins-, der St.Jacobs- und der Karmeliterkirche an. Allein