es den Niederländern, und sollte sich ihre Anzahl auch
auf drittehalb Millionen belaufen, um ihre Existenz
nicht bange werden kann.
Es fällt aber auch in die Augen, daß seit einigen Jahren
die Wissenschaften und Künste in Holland und insbesondere
in Amsterdam merkliche Fortschritte gemacht
und von den reichen Kaufleuten außerordentliche
Unterstützung genossen haben. Die öffentliche Lehranstalt,
das sogenannte Athenäum, welches seit anderthalb
Jahrhunderten mit verdienstvollen Männern besetzt gewesen
ist und dem Staate manchen vortrefflichen Kopf
gezogen hat, zeichnet sich noch gegenwärtig sowohl
durch seine nützlichen Institute als durch geschickte
Lehrer in allen Fächern aus. Das schöne anatomische
Kabinett, welches Hovius sammelte, steht jetzt unter der
Aufsicht des gelehrten Professors Bonn. Der botanische
Garten, wo ehedem Commelin die Wissenschaft so sehr
bereicherte, ist gegenwärtig dem nicht minder berühmten
Burmann anvertraut, der sein tätiges Leben gänzlich
der Erhaltung seiner Mitbürger weiht und vom frühen
Morgen an bis in die Nacht, die einzige Stunde des Mittagessens
ausgenommen, seine Kranken besucht. Dies
ist das Los aller hiesigen Ärzte von einigem Ruf und insbesondere
des als Physiker so allgemein geschätzten
Dr. Deimann, dem man die neuerlichen pneumatischelektrischen
Experimente* verdankt. Die ungesunde
Lage von Amsterdam und die starke Bevölkerung kommen
zusammen, um die Zahl der Kranken, zumal in den
Sommermonaten, hier so stark heran wachsen zu lassen,
daß ein Arzt, der sehr en vogue ist, mehrmals im Tage
Pferde wechseln muß. Unter den Gelehrten, die wir hier
kennenlernten, nenne ich mit wahrer Achtung einen
Wyttenbach, dessen philologische Verdienste man auch
bei uns und in England zu schätzen weiß; einen Nieuw-
land, dessen Bescheidenheit noch größer ist als das auszeichnende
Genie, womit er sich selbst zum Mathematiker
und Sternkundigen gebildet hat; endlich den
würdigen Cras, der mit der Jurisprudenz eine so ausgebreitete
als gründliche Belesenheit in vielen anderen
Zweigen der Literatur, eine allgemeine, humane Teilnahme
an allem, was unserer Gattung frommen kann,
mit dem gebildetsten Ton, und wahre Gastfreundschaft
mit dem Wohlstand, der sie möglich macht, ohne Anmaßung
verbindet. Ich könnte Dir noch den wackern Hieronymus
de Bosch rühmen, dem die ernsthaften Beschäftigungen
eines Geheimschreibers (Clerk) der sechsunddreißig
Ratsherren den feinen Sinn für römische
Dichtkunst nicht benommen haben; ich könnte lange
bei dem wunderschönen Kabinett des Schatzmeisters
der Ostindischen Kompanie, Herrn Temminck, verweilen
und Dir die unnachahmliche, anderwärts noch nie
erreichte Vollkommenheit in der Kunst, die Vögel auszustopfen,
anschaulich zu machen suchen; ich könnte
Dir die Menge und Schönheit der neuen Gattungen von
Vögeln rühmen, womit der edle Sonderling, Levaillant,
diese Sammlung seines ersten Wohltäters und Beschützers
bereichert hat; allein es ist Zeit, daß ich noch mit einigen
Zeilen eines Instituts erwähne, welches vielleicht
nur in Amsterdam so schnell entstehen und zur Reife
gedeihen konnte, ich meine das prachtvolle Felix meri-
tis.
Vor ein paar Jahren hatten einige der reichsten Einwohner
von Amsterdam den Gedanken, für die wissenschaftliche
Bildung und die Erweckung des Kunstsinnes
unter ihren Mitbürgern zu sorgen. Jene Leere, welche
dem Kaufmann nach vollbrachter Arbeit in seinen Nebenstunden
bleibt, sollte nun ausgefüllt und sein Kopf
mit Ideen bereichert werden, die zum Glück des Lebens
soviel mehr als tote Schätze beitragen können, und um
deren Erwerb die vorige Generation sich gleichwohl so