genötigt gesehen, weiter östlich der Dünen das ganze
Dorf neu anzulegen. Auch die Kaninchen, die in diesen
Sandhügeln häufig graben und wühlen, tragen zur
Schwächung dieser Vormauer bei. gegen die See das ihrige
Wir hofften vergebens, beim ersten Anblick von Dünkirchen
den Gegenstand der Eifersucht einer großen
Nation an irgendeinem auffallenden Zuge zu erkennen.
Die Stadt ist nichts weniger als glänzend, ob sie gleich
30 000 Einwohner zählt, die mehrenteils von der Schifffahrt
leben. Allein die Nähe der englischen Küste begünstigt
hier den Schleichhandel und in Kriegszeiten
die Kaperei so sehr, daß England mehr als einmal auf die
Vernichtung des Ortes bedacht gewesen ist und in seinen
rriedenstraktaten mit Frankreich die Demolition
des Hafens und der Festungswerke bedungen hat. Von
seiten Frankreichs aber hat man diese Bedingung jederzeit
unerfüllt gelassen, und im Grunde gibt es auch kein
wirksames Mittel gegen den Schleichhandel, das einzige
ausgenommen, dessen sich der Minister Pitt durch den
Kommerztraktat bedient hat, die Herabsetzung der
Zölle, wodurch der rechtmäßige Kaufmann einen reichlicheren
Absatz gewinnt, indem das Risiko des Kontre-
bandiers* zu groß wird.
Dieser Traktat scheint wirklich schon auf den Wohlstand
von Dünkirchen einige nachteilige Wirkungen zu
äußern, wiewohl die vielen Fabrikanstalten es noch aufrecht
erhalten. Es sind hier verschiedene ansehnliche
englische Handlungshäuser etabliert, und das reichste
Comptoir* im ganzen Orte gehört der irländischen Familie
Conolly. Auch sieht man mehrere englische Kaffeehäuser,
wo alles nach der in England üblichen Art
eingerichtet ist und nichts als englisch gesprochen wird.
Eine der größten Fabriken, die Gerberei vor der Stadt,
ist ebenfalls eines Engländers Eigentum. Gleich daneben
liegt ein großes Glashaus, welches Flaschen von grünem
Glase liefert.
Einer von den wichtigsten Handelsartikeln in Dünkirchen
ist der Wacholderbranntwein (genièvre), wovon
ansehnliche Quantitäten nach England gehen und, weil
noch immer eine sehr schwere Abgabe darauf haftet,
mehrenteils auf verbotenem Wege hineingeführt werden.
Dort, wie in den Niederlanden, hält man dieses Getränk
für eine Panazee* in Magenbeschwerden; ein Vorurteil,
das schon manches Leben verkürzt hat. Vor
diesem zog man allen Wacholderbranntwein aus Holland;
jetzt destillieren ihn die Einwohner von Dünkirchen
selbst, seitdem sie einige Holländer, die sich darauf
verstanden, zu sich herübergelockt haben.
Nicht minder wichtig für Dünkirchen ist die Raffinerie
des Kochsalzes, welche gegen zwanzig Siedereien beschäftigt.
Eine übelverstandene Geheimniskrämerei
scheint jedoch bei den Eigentümern obzuwalten; denn
man wies uns von zweien sogar mit einiger Ungefälligkeit
zurück, wiewohl das ganze hiesige Geheimnis vermutlich
nur darin besteht, daß man statt der viereckigen
Pfannen runde braucht. Das Salz wird aus französischem
Steinsalz bereitet und ist verhältnismäßig sehr wohlfeil.
Man leitet das Seewasser unmittelbar in die Behälter, wo
jenes Salz aufgelöst wird; allein diese Bequemlichkeit
der Lage wird durch das' Ungemach, an gutem Trinkwasser
Mangel zu leiden, gar zu teuer erkauft. Keiner von
den Brunnen ist nur erträglich, und die Einwohner müssen
sich kümmerlich genug mit Regenwasser behelfen.
Im Sommer ist daher Dünkirchen ein ungesunder Aufenthalt.
Das Pottal der Pfarrkirche hat mir dort gefallen. Ein
schönes Fronton* von richtigen Verhältnissen ruht auf
einer Reihe prächtiger korinthischer Säulen; und wäre
nicht die Füllung mit häßlichen, pausbackigen Engels