stigkeit des Charakters zuerkennt, verhallt ungehört im
Fauxbourdon einer Majorität von Mönchen, die im Gefühl
ihrer Talentlosigkeit alles der Anordnung ihrer Minister
überlassen und nur dafür sorgen, daß ihr heiliges
Interesse auf jedem Votum zuoberst schwimmt.
Bei allen Vorteilen, in deren Besitz die Partei der
Stände sich behauptet hat, bietet indes dieses unglückliche
Land und vorzüglich die Hauptstadt dennoch das
Schauspiel der innerlichen Zerrüttung dar. Das mannigfaltig
verschiedene Interesse der Einwohner; die Verbitterung,
die bei den Siegern vom Widerstand, bei den Besiegten
vom Gefühl des erlittenen Unrechts herrührt;
die Eifersucht, womit ein Nachbar den ändern belauscht;
die Hinterlist, wovon die Stände selbst das Beispiel
geben; die Hoffnung endlich, welche den Bedrückten
noch immer neuen Zunder gibt und sie auf eine
glücklichere Zukunft vertröstet: dies alles wirkt zusammen,
um den Niederländern die Früchte ihrer Anstrengung
zu rauben und vielleicht in kurzem wieder den
Schatten einer Unabhängigkeit zu entreißen, dessen Wesen
sie noch nicht besitzen. So empörend auch die Anmaßung
der brabantischen Stände scheinen mußte, die
sich die gesetzgebende und die ausübende Macht zugleich
zugeeignet haben, so unglücklich scheint der
Zeitpunkt gewählt, die Rechtmäßigkeit ihrer Forderungen
zu untersuchen oder die Verfassung neu zu organisieren.
Innere Einigkeit und festes Zusammenstimmen
zum gemeinschaftlichen Zwecke der Erhaltung konnte
ganz allein das Zutrauen der auswärtigen Mächte gewinnen
und die Anerkennung ihrer Unabhängigkeit beschleunigen.
Trennung und Zwietracht können allein
dem österreichischen Hofe den Weg zur Wiedereroberung
der Niederlande bahnen. Nicht umsonst bemerkt
man hier noch geheime Emissarien von verschiedenen
mächtigen Höfen statt der öffentlich akkreditierten Gesandten,
die mit den Generalgouverneuren fast zu gleicher
Zeit verschwunden sind. Von einigen Mächten gehen
sogar mehrere Personen mit verschiedenen und
zum Teil entgegengesetzten Aufträgen herum; Kanze-
listen, Kaufleute, Juden korrespondieren auf verschiedenen
Wegen mit demselben Minister, insofern er hier die
aristokratische Partei, dort die Patrioten und noch an
einem dritten Orte eine dritte Klasse von politischen
Sektierern sondieren läßt. Die Vereinbarung der Moral
mit der Politik der Kabinette, deren Möglichkeit ich
nicht bezweifeln will, ist wenigstens bis jetzt noch immer
Spekulation geblieben, wenn man nicht etwa in dem
hohen Grade Neuling ist, die öffentlichen Protestationen
von Redlichkeit der Absichten und die Lobsprüche,
die mancher Hof, mancher Fürst, manches Departement
sich selbst erteilt, für bare Münze zu nehmen. Töricht
wäre es also, glauben zu wollen, daß irgendein europäisches
Kabinett die Ausnahme machen und allein in
einem Spiele, wo es darauf ankommt, nach der Regel zu
gewinnen, eine zwecklose und ihm selbst nachteilige
Großmut ausüben werde.
Außer den Anhängern der Stände und der Geistlichkeit,
außer den Freunden der Demokratie, die aber
durch die vorgestern erfolgte Entwaffnung des Generals
van der Mersch den empfindlichsten Stoß erlitten haben,
gibt es hier noch eine starke kaiserliche Partei, wozu besonders
die reichsten Bankiers und Handlungshäuser gehören.
Bisher blieben sie hinter der Larve der Demokratie
versteckt; allein jetzt ist es gar nicht unwahrscheinlich,
daß selbst die eifrigsten Freunde der Volksfreiheit
lieber mit den Royalisten die Wiederkehr des alten Systems
zu befördern suchen, als unter dem eisernen Zepter
der Stände lieber geduldig leiden werden. Diese Gesinnung
ist wenigstens bei allen Freunden der hohen
Häuser Aremberg und Ursel offenbar: sie geben sich