wendig fällt sogleich eine prächtige Treppe vom schönsten
weißen Marmor ins Auge, die in der Tat alle Forderungen
der Kunst befriedigt. Die Zimmer sind sehr reich
möbliert und mit Zieraten fast überladen. Ein Parkett
von kostbaren ost- und westindischen Hölzern und Kamine
von gelbem parischem Marmor verrieten uns den
königlichen Reichtum des Besitzers. Auf einigen großen
Tischen ahmte der feinste Lackfirnis den parischen Marmor
so vollkommen nach, daß wir mit den Augen allein
den Unterschied nicht entdeckt hätten.
Drei prächtige Säle, die größtenteils von oben her erleuchtet
werden, bilden eine Gemäldegalerie, die wir
eigentlich zu sehen hergekommen waren und die uns
dennoch sehr überraschte. Die Stücke sind nicht nur
zahlreich und erlesen, sondern auch großenteils aus der
italienischen Schule. Zwar kann nicht alles in einer so
großen Sammlung von gleicher Vortrefflichkeit sein;
Mannigfaltigkeit gehört zu einer Galerie, und um einen
Künstlernamen mehr darin nennen zu können, räumt
man oft einem Bilde einen Platz ein, das die Forderungen
des Kenners und des Malers befriedigt, wenn es
auch den Kunstliebhaber gleichgültig läßt. Indessen
bleibt immer so viel zu bewundern, daß Du bei den folgenden
Anzeichnungen wohl innewerden wirst, welch
ein. Fest der Augen und des innern Sinnes ich in einem
Lande genoß, wo ich seit langer Zeit nur flämische und
holländische Kunstwerke gesehen hatte.
Im ersten Zimmer ruhte ich vor allem auf drei großen
Landschaften des großen Poussin, den schönsten, die ich
noch von ihm gesehen hatte. Sein so gänzlich von dem
sanften Claude verschiedener Stil, das Riesenhafte, Einfache
und Erhabene seiner Phantasie, war dunkel genug,
um sich mit ihr zu vertiefen, und doch klar und göttlich
genug, um sich nie ganz zu verlieren! Das Blut des Ultramarins,
welches in dem einen Stück zu sehr hervorsticht,
gibt ihm jetzt eine Härte und etwas Trocknes, womit es
sicherlich nicht aus der Hand des Meisters kam.
Von einem ganz verschiedenen Wert, doch in ihrer
Art auch trefflich behandelt, ist Backhuysens Aussicht
von Rotterdam und der Maas, mit herrlichen Wellen und
Schiffen und einem meisterhaften Effekt des zwischen
trüben Wolken hervorbrechenden Lichtes. In einem
Paar von Rubens skizzierten Landschaften herrscht sein
wildes Feuer; die Menschen und Tiere darin sind übrigens
unförmlich, und von der Ausführung läßt sich gar
nicht sprechen. Seine Ehebrecherin im Tempel, ein großes
Kniestück, hat das Verdienst, welches man seinen
guten Werken nicht absprechen kann, Ausdruck und
Wahrheit in den Köpfen, aber ein livides Kolorit und
viel häßliche Natur.
Im zweiten Zimmer fand ich eine Susanna von - oder
nach - Domenichino, sehr frisch und wohlbehalten, von
jener in Düsseldorf ganz verschieden, aber nichts edler
gedacht; eine fleischige, rubensische Dirne, ohne alle
Jungfräulichkeit. Es ist wahr, diese Masse von Fleisch
und Blut scheint zu leben, und die Maler glauben oft,
man dürfe weiter nichts an sie fordern. Ist es denn
gleichviel, ob Gibbon und Schiller eine Geschichte erzählen
oder der Zeitungsschreiber? Ariost und Wieland
oder Grecourt?
Der Eid des Brutus bei Lukreziens entseeltem Körper
von Hamilton hat richtige Zeichnung und schöne Farbengebung;
das weiche Fleisch des eben erst durchbohrten
Leichnams ist gut gehalten; das Ganze, wie solche
Geschichten, wenn nicht der höhere Genius der Malerei
hinzukommt, immer behandelt zu werden pflegen, eine
kalte Deklamation. Carlo Marattis schlafende Venus verdiente
wohl ein gutes Wort. Es ist nicht möglich, einen
schönem weiblichen Kopf zu bilden, und schön ist auch
die ganze Gestalt, so daß der Adonis gänzlich vor ihr