dem die Rettung der Erdebewohner beschlossen liegt!
Dieses Bewußtseins frohe Schauer sind es, die der gesenkte
Blick, im inneren Anschauen verloren, uns verkündet.
Wer ahnt den Feuerstrom der Rede, der sonst
von diesen Lippen floß, allen Widerstand bändigte und
die zagenden Herzen ergriff? Diese überwundenen, gerührten
Lippen sinken in die Ruhe der großen, freudigen
Zuversicht. Das ist der Täufer Johannes!
Ich begreife es nun, daß selbst der Apollo einem Menschen
so viel nicht sein kann als dieser Mensch Johannes.
Die Gleichartigkeit seines Wesens mit dem unsri-
gen zieht uns zu ihm hin: er ist in aller seiner
Vollkommenheit noch unser Bruder; in ihm fühlen wir
uns ergänzt; von ihm wollen wir lernen, weil wir ihn verstehen,
weil er durch Nebeneinanderstellung und Vergleichung,
durch Sonderung des Verschiedenen und Einigung
des Übereinstimmenden erkennt und denkt wie
wir. Der Apoll hingegen ist, was er sein soll: ein Gott.
Von seiner Erkenntnisart haben wir keinen Begriff; sie
ist ganz Intuition, ganz reiner Sinn, wie wir es dunkel
ahnen in seiner Gestalt. Ihn fassen wir nicht; von ihm
können wir nichts lernen; er kann uns nichts als erfreuliche
Erscheinung sein, außer etwa in gewissen Augenblicken,
wenn auch wir über uns selbst hinaus exaltiert
und zu einer höheren Reizbarkeit gespannt, ohne von
der Vernunft gestört zu werden, die Intuition des reinen
Kindersinnes genießen. Allein diese Augenblicke mit
ihrem Himmelreich sind unserem Schwachsinn allemal
gefährlich, und die Abspannung, die darauf erfolgt, kann
mehr als zu deutlich lehren, wie wenig wir für Göttergenuß
und den Umgang mit den Göttern geschaffen sind.
Unsere Ungenügsamkeit ist Schwäche; die Griechen
blieben bei der Erscheinung stehen und freuten sich des
Anblicks ihrer Schönheit.
Was ich aber nicht mehr begreife, das ist, wie man es
noch wagen kann, einen Christus als Kunstwerk darzustellen.
Malt man ihn mit den Zügen eines Götterideals,
so hat er nur das Interesse der Schönheit, allein er rührt
nicht das Herz. Im Gegenteil, schildert man einen Menschen,
wie will man das Göttliche dergestalt hineinverschmelzen,
daß es dem Interesse des Herzens nicht schadet?
Und läßt man dieses ganz hinweg, wie ist es
möglich, die Menschheit so hinaufzuadeln, daß sie noch
größer als hier Johannes erscheint? Auch habe ich noch
keinen Christuskopf gesehen, von dem ich sagen
könnte: er ist es! Vielleicht ist das indes weniger die
Schuld der Künstler als der Theologen. Zu seinem Johannes
durfte der Maler einige Ideen von dem fälschlich
so genannten Antinous entlehnen; diese schöne Natur,
die von echten Kennern als ein Werk der höchsten griechischen
Vollendung anerkannt wird, bot ihm die Züge
eines kühnen, trotzigen, starken Jünglings dar, deren
wilde Größe sich ini Johannes mit dem sanfteren Ernst
des Denkers so vereinbaren ließ, daß die sinnliche
Schönheit zwar untergeordnet, aber dennoch die bedeutungsvolle
Zierde seines Wesens blieb. Man erkennt auf
den ersten Blick die Ähnlichkeit des Gemäldes mit dem
Marmorbilde; allein wie arm wäre der, dem außer dieser
Ähnlichkeit nicht die eigene Schöpfung des Künstlers
entgegenleuchtete! Nach meiner Empfindung versündigte
er sich stärker an der Kunst, als wenn er im Vergil
nur den Nachahmer Homers erblicken wollte. Jeder Zug
dieses Johannes bürgt uns für den Dichtergenius seines
Urhebers, wenn nicht schon die eigentümliche Behandlungsart
sein Verdienst erwiese. Nie zeichnete ein Florentiner
richtiger und schöner; und bei dieser Wahrheit
des Farbenschmelzes vermißt man Tizians magischen
Pinsel nicht. Raffael, dem man hier das Gemälde zuschreibt,
hat zu keiner Zeit diesen Grad der Vollendung
im Kolorit erreicht. Eine andere Hypothese nennt An