Raum einer Kutsche auf eine fast unglaubliche Weise
benutzt wird. Für einen Mann, der öfters lange Reisen
machen muß, wüßte ich nichts Unentbehrlicheres als
einen Reisewagen, wie ich ihn hier gesehen habe, worin
man Tisch und Bett und alle ersinnlichen Bequemlichkeiten
vereinigt hat. Wenn der arme Li-Bu* aus den Pe-
lew-Inseln sich schon über eine Londoner Mietskutsche
ekstasiieren und sie ein »Haus zum Fahren« nennen
konnte, was hätte er nicht beim Anblick dieses Wunderdinges
gesagt! Es ist in der Tat ein angenehmes Schauspiel,
den menschlichen Geist auch auf diese Art glücklich
gegen Schwierigkeiten kämpfen und sie besiegen zu
sehen! Herr Simon pflegt zwanzig bis dreißig Wagen
vorrätig zu haben, und alle europäische Höfe bestellen
ihre Galawagen bei ihm. Sein Name stand auf der berüchtigten
Proskriptionsliste vom 15.März; denn auch er
hatte die Adresse an die Staaten unterzeichnet und war
ein so eifriges Mitglied der patriotischen Gesellschaft,
daß er bereits unter des Kaisers Regierung hatte die
Flucht ergreifen müssen. Die Zerstörung seines Hauses
und seiner Fabrik war ihm zugedacht; allein er machte
die ernstlichsten Verteidigungsanstalten und ließ in der
Stadt bekannt werden, er habe Pulverminen gelegt und
wolle auf den Fall eines Angriffs seine Feuerspritzen mit
Scheidewasser laden. Diese schreckliche Drohung war
hinreichend, van der Noots Myrmidonen die Lust zum
Plündern hier zu vertreiben. Gleichwohl ist Herr Simon
um seiner persönlichen Sicherheit willen, vor einigen
Tagen, nach dem Beispiel anderer Demokraten, aus dem
Lande gegangen.
Es kann nicht fehlen, daß nicht auch der Handel unter
der gegenwärtigen Tyrannei der Stände und der gewaltsamen
Anstrengung, wozu die Selbsterhaltung sie zwingt,
wesentliche Einschränkungen leiden sollte. Die Entfernung
eines Partikuliers wie Eduard Walckiers, dessen
Vermögen man auf dreißig Millionen Gulden schätzt,
muß auf die Aktivität seiner Handelsgeschäfte, mithin
auf die ganze Zirkulation in den Niederlanden, einen
nachteiligen Einfluß haben. Man rechnet, daß Walckiers,
um die Revolution in Brüssel am 11. und 12. Dezember
vorigen Jahres zu bewirken und d’Altons Truppen durch
Bestechung zu entwaffnen, beinahe eine halbe Million
verwendet haben soll. Nächst ihm sind die Herren Overmann
und Schumaker die reichsten Kaufleute in Brüssel.
Sie bewiesen dem Kaiser, daß sie ihm jährlich gegen
fünfzigtausend Gulden Abgaben zahlten und den inländischen
Fuhrleuten beinahe sechzigtausend Gulden zu
verdienen gäben. Romberg, der den Speditionshandel
von Brüssel nach Löwen zu verlegen suchte, besteht
noch ebenfalls als einer der vermögendsten niederländischen
Bankiers. Unser Aufenthalt ist viel zu kurz gewesen,
als daß er uns gestattet hätte, in diese merkantili-
schen Verhältnisse und ihre Verwicklung mit dem
politischen Interesse einen tieferen und mehr ins Detail
dringenden Blick zu tun. Morgen verlassen wir Brüssel;
doch zuvor will ich Dir, so müde ich auch bin, von unserer
heutigen Spazierfahrt ein paar Worte sagen.
Eine halbe Stunde vor der Stadt, an dem Kanal von
Mechelen, liegt das Lustschloß Schooneberg, bei Laeken,
welches wir heute in Augenschein nahmen. Vor acht
Jahren erntete man auf dem Platze, den jetzt ein Palast
und ein Park mit hohen Bäumen und geschmackvollen
Tempeln zieren, noch den herrlichsten Weizen. Der
Herzog Albert von Teschen und seine Gemahlin, die
Goüvernantin der Niederlande, die Lieblingstochter der
Kaiserin Maria Theresia, kauften gleich nach ihrer Ankunft
das Landgut, welches diesen Platz okkupiert, mit
dem alten darauf befindlichen Schlosse, das ihnen zum
Absteigequartier diente, sooft sie herauskamen, um den
Bau zu dirigieren. Die ganze neue Anlage ist ein Werk