ganze neue Stadt von mehreren langen, nach der Schnur
gezogenen Straßen da; man wetteifert miteinander, wer
sein Haus am schönsten, am bequemsten bauen soll; die
angelegten Kapitalien belaufen sich auf sehr beträchtliche
Summen, und in wenigen Jahren wird Düsseldorf
noch einmal so groß als es war und um vieles prächtiger
sein. Wer doch das Geheimnis einer guten Staatsverwaltung
wüßte, damit er sagen könnte, wie sich in den Herzogtümern
Jülich und Berg so große Reichtümer häuften,
wie die Bevölkerung daselbst so stark und der
Wohlstand der Einwohner gleichwohl so allgemein
ward, daß die kleinern Städtchen nicht minder wohlhabend
sind als die Hauptstadt; daß der Anbau auf dem
platten Lande denselben Geist der guten Wirtschaft,
denselben Fleiß zeigt wie die Fabriken,' daß man hier so
leicht den Weg zu einer glücklichen Existenz finden
lernte, der anderwärts so schwer zu treffen scheint! -
Ich fange an zu glauben, dieses Geheimnis sei einfacher
als man denkt; es ist das Ei des Kolumbus, und wenn man
es weiß, kann man sich kaum bereden, daß nicht mehr
dahinter war, ja man ärgert sich wohl, daß man nicht von
selbst darauf fiel. Die ganze Kunst besteht darin, daß der
Regent sich der verderblichen Spiegelfechterei, die man
gewöhnlich, obwohl mit Unrecht, regieren nennt, zu rechter
Zeit zu enthalten wisse und sein Volk mit den gepriesenen
Regentenkünsten verschone, worauf sich
mancher so viel zugute tut und womit er sich das Ansehen
der einzigen Seele in der großen Staatsmaschine
gibt. Es gehört ein entschiedenes Maß von gutem Willen
und ein etwas seltener, selbst bei guten Menschen, wenn
sie Macht in Händen haben, ungewöhnlicher Grad der
Selbstverleugnung dazu, um nicht zur Unzeit wirken zu
wollen und sich lediglich darauf einzuschränken, die
Hindernisse aus dem Wege zu räumen, welche der
freien, willkürlichen, unbedingten Tätigkeit eines jeden
Bürgers im Staate entgegenstehen. Die Einsicht des Regenten
sei noch so vortrefflich, sobald er es nach derselben
versucht, die Menschen auf einem Wege, den sie
selbst sich nicht wählten, vor sich hinzutreiben: sobald
erfährt er auch, daß die eigenen Lebenskräfte in seiner
Staatsmaschine stocken oder schlafen und die Wirkung
schlechterdings nicht hervorbringen, die erfolgt sein
würde, wenn er nicht den verwandten Geist in jedem
seiner Brüder verkannt und zu einer ungeziemenden
Knechtschaft verurteilt hätte. Es ist wahr, die Summe
des Guten, das in der Welt geschieht, ist immer unter
unserer Erwartung; aber sicherlich ist sie da die kleinste,
wo man sich vorsetzt, eine größere zu erzwingen. Durch
das Übermaß alles Positiven versündigen sich die Regierungsformen
an dem Menschengeschlechte. Durch die
ins Unendliche vervielfältigten Gesetze und landesherrlichen
Verordnungen, so gut es oft damit gemeint sein
mag, und durch jene von Schmeichlern und Parasiten so
gepriesene Kleingeisterei der Fürsten, die mit unermü-
deter Sorgfalt in eines jeden Bürgers Topf gucken oder
gar sich um seine Privatmeinungen und Gedanken bekümmern,
richten die Regenten allmählich, ohne es
selbst zu wollen, ihre Staaten zugrunde, indem sie die
freie Betriebsamkeit des Bürgers hemmen, mit welcher
zugleich die Entwickelung aller Geistesfähigkeiten aufhört.
Eine Viertelstunde von hier besuchten wir ein
Mönchskloster. Es gibt nur wenig ähnliche Klöster in
der Welt; denn die Mönche folgen der strengen Regel
der in Frankreich so berühmten Abtei La Trappe. Zu unserer
Verwunderung fing der erste, den wir erblickten,
sogleich an, mit uns zu sprechen, und erzählte uns, das
Gelübde des Stillschweigens sei gänzlich aufgehoben.
Dem guten Manne schien aber das Sprechen, dessen er
so lange entwöhnt gewesen war, nicht leicht zu werden.