Brüssel gehörten und keineswegs die Oberherrschaft der
Stände begünstigten, waren vielleicht den Aristokraten
vor allen übrigen Einwohnern furchtbar, weil sie die
Waffen trugen und die Sicherheit der Stadt ihnen allein
anvertrauet war. Sie durften nur wollen, und die ganze
oligarchische Tyrannei verschwand. Um sich ihrer zu
versichern, ward ihnen am 6. Februar ein Eid deferiert,
den sie den Ständen, als ihrem rechtmäßigen Landesherrn,
leisten sollten. Eduard von Walckiers, ein reicher
Bankier, der unter der vorigen Regierung den Titel eines
Vicomte erhalten hatte, widersetzte sich dieser Zumutung
als Ältester (doyen) der Innung von St. Sebastian
und Chef der einen zu dieser Innung gehörigen Kompanie
von Freiwilligen. Auch die übrigen Kompanien weigerten
sich, diese Eidesformel anzunehmen, die ihre Absicht
gar zu deutlich an der Stirne trug. Van der Noot
sah sich also genötigt, einen günstigeren Zeitpunkt ab-
zu warten.
Mittlerweile kehrte der Herzog von Aremberg aus
dem südlichen Frankreich in sein Vaterland zurück und
nahm am 10. von den sämtlichen Freiwilligen, die auf
dem großen Platze vor dem Rathaus versammelt waren,
den Ehrennamen ihres Élu des élus (Erwählten der Erwählten)
unter lauten Freudensbezeugungen des Volkes
an. Am folgenden Tage leistete er in dieser Eigenschaft
den Bürgerinnungen einen Eid, aber nicht, wie man
auch von ihm gefordert hatte, den Ständen, deren Rechtmäßigkeit
er zu gleicher Zeit in Zweifel zog. Ohne der
patriotischen Gesellschaft förmlich beizutreten, billigte
er nebst seinem Bruder, dem Grafen de la Marek, nicht
alle ihre Schritte, sondern äußerte auch bei mehreren
Gelegenheiten seine ausgezeichnete Hochachtung für
verschiedene Mitglieder dieses demokratischen Bundes
und namentlich für den Advokaten Vonck, den eifrigen
Verfechter der Volksfreiheit.
Von diesem Augenblick an erhob die demokratische
Partei das Haupt und schien sich mit großen Hoffnungen
zu schmeicheln. Die patriotische Gesellschaft
wählte Herrn Vonck zu ihrem Präsidenten; sie wählte
einen Sekretär, sie führte nach dem Beispiel ähnlicher
Klubs in England und Frankreich eine gewisse Ordnung
ein, nach welcher ihre Versammlungen gehalten wurden,
sie entschied über die vorkommenden wichtigen
politischen Fragen durch Mehrheit der Stimmen, und
ließ die Generale van der Mersch, de Rosières und Kleinenberg
durch eine Deputation feierlich zum Beitritt
einladen. Alles schien zu erkennen zu geben, daß sie
sich für eine Kopie der französischen Nationalversammlung
und vielleicht sogar für das Vorbild einer niederländischen
angesehen wissen wollte. Desto unglücklicher
war es für sie, wenn ihre Absichten wirklich rein und
auf das wahre Wohl des Vaterlandes gerichtet waren,
daß ein unreifer Enthusiasmus in einigen Köpfen brauste
und am 25. Februar, an dem Tage, nachdem der General
van der Mersch ganz unverhofft in Brüssel von der Armee
eingetroffen war, einen Auflauf bewirkte, wobei
es auf nichts Geringeres als eine Gegenrevolution angesehen
schien. Ein dunkles Gerücht verbreitete sich am
Abend des 21. durch die ganze Stadt, daß man eine
neue Kokarde - die »Kokarde der Feiheit« wurde sie
emphatisch genannt - in der Kirche zu St. Gudula aufstecken
wolle, und dabei sagte man sich die Absicht ins
Ohr, die Stände müsse man vom Ruder des Staats entfernen.
Am folgenden Morgen strömte alles nach St. Gudula,
und Eduard Walckiers versammelte, auf allen Fall,
seine Kompanie. Diesmal zitterten die neuen Minister
für ihre politische Existenz. Die ehrwürdige Stimme des
Priesters war nochmals ihre einzige Zuflucht; sie schickten
dem Pfarrer der Hauptkirche diese schriftlich abgefaßte
Erklärung: »Wir Unterzeichneten versichern, daß