Der Kölner Dom
Tempels noch einmal, gleichsam im Widerschein, zu erblicken!
Gegen das Ende unseres Aufenthalts weckte die
Dunkelheit in den leeren, einsamen, von unseren Tritten
widerhallenden Gewölben, zwischen den Gräbern
der Kurfürsten, Bischöfe und Ritter, die da in Stein gehauen
liegen, manches schaurige Bild der Vorzeit in seiner
Seele. In allem Ernste, mit seiner Reizbarkeit und
dem in neuen Bilderschöpfungen rastlos tätigen Geiste
möchte ich die Nacht dort nicht einsam durchwachen.
Gewiß entsetzest Du Dich schon vor dem bloßen Gedanken,
wie ihm selbst davor graute.
Ich eilte mit ihm hinaus ins Freie, und sobald wir un-
sern Gasthof erreicht hatten, erwachte die beneidenswerte
Laune, womit er, durchdrungen vom Genuß der
lieblichen Natur, schon auf der ganzen Fahrt von Koblenz
her die einförmigen Stunden uns verkürzt hatte.
Noch kann ich mir den großen Zweifel nicht lösen, ob
es befriedigender sei, Bilder des Wirklichen unmittelbar
aus der umgebenden Weite zu schöpfen oder sie, von
zahllosen Anschauungen bereits überallher gesammelt,
erlesen, geordnet, zusammengesetzt, zu schönen Ganzen
vereinigt, aus einer reichen Menschenseele, unserm
Wesen schon mehr angeeignet, in uns übergehen zu lassen.
Beides hat seinen eigentümlichen Wert, und beides
haben wir seit unserer Abreise schon reichlich gekostet.
Lebendiger wirkt die unmittelbare Gegenwart der beseelten
Natur: tief und scharf bestimmt und alle Verhältnisse
erschöpfend, graben sich die Bilder des Daseins,
das unabhängig von dem Menschen, ohne sein Zutun ist
und war und sein wird, ins Gedächtnis ein. Dagegen gesellen
sich, von einer menschlichen Organisation aufgefaßt,
die mannigfaltigsten Formen aus allen Weltteilen
zugleich, aus der Vergangenheit und - darf ich es sagen?
- aus der Zukunft, zum Gegenwärtigen und verweben
sich mit ihm zu einem die Wirklichkeit nachahmenden
Drama. Wir selbst, ich fühle es wenigstens, können
nicht immer so richtig, so ins Wesentliche eingreifend
empfangen, so die unterscheidenden Merkmale der
Dinge uns selbst bewußt werden lassen, wie sie uns auffallen,
wenn ein anderer sie vom Außerwesentlichen abgeschieden
und in einen Brennpunkt vereinigt hat. Zum