oder Ziererei, kann man indes diesen Menschen so wenig
wie ihren Landsleuten überhaupt absprechen. Sie
grüßen die Vorübergehenden sehr herzlich und freundlich,
ziehen vor dem Geringsten den Hut ab, antworten
mit Gefälligkeit und Bereitwilligkeit auf alle Fragen, weisen
einen gern zurecht und äußern also in ihrem Betragen
wie in ihrer Kleidung und in allen anderen Verhältnissen
die Art von Rechtlichkeit, die nur wohlhabenden
Nationen eigen ist. Die Politik ist ihr liebstes Gespräch,
ihre einzige Lektüre die Zeitungen, ihr Zeitvertreib die
Tabakspfeife und ihr Labsal ein Glas Wacholderbranntwein.
Auf ihre Ehrlichkeit kann man sich vollkommen
verlassen; mit der größten Aufmerksamkeit sorgen sie,
daß man alles aus dem Schiffe mitnimmt und nichts vergißt.
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Ohne in Delft anzuhalten, gingen wir zu Fuß um die
Stadt und setzten uns auf der ändern Seite in die Barke,
die nach Maassluis abgeht, wo wir zu Mittag eintrafen.
Dort waren wir von Hellevoet noch drei Stunden Weges
entfernt; weil aber die hiesige Bewirtung nicht die beste
und billigste ist und das Paketboot erst heute abgehen
sollte, entschlossen wir uns, in einem sehr bequemen
Gasthofe zu übernachten. Maassluis ist ein
niedlicher kleiner Flecken, dessen Hafen mit Fischerfahrzeugen
angefüllt war, indem von hier aus und dem
benachbarten Vlaardingen der Kabeljau- und Heringsfang
betrieben wird. Nichts gibt einen so klaren Begriff
von holländischer Reinlichkeit als der Umstand, daß
man sie auch in einem Fischerstädtchen, ungeachtet der
von den Beschäftigungen der Einwohner fast unzertrennlichen
Unsauberkeit, in einem hohen Grade noch
antrifft. Das Schauspiel der Arbeitsamkeit unterhielt uns
eine geraume Zeit, indem wir hier umhergingen. Wir bemerkten
unter anderem, was man uns bereits in der Admiralitätswerft
zu Amsterdam gelehrt hatte, daß der
Teer, der aus Steinkohlen geschwelt wird, allmählich an
der Stelle des aus dem Tannenharz bereiteten in Gebrauch
kommt, indem er vor diesem letztem wesentliche
Vorzüge hat. Von zwei Kriegsschiffen, die man nach
Ostindien geschickt hatte, kam das mit Holzteer bestrichene
von Würmern ganz zerfressen nach Holland zurück,
dahingegen das andere, welches man mit Steinkohlenteer
überzogen hatte, fast gar nicht angegriffen war.
England bereitet gegenwärtig allein diesen Teer, und
von dort aus wird er nach Holland ausgeführt.
Nach dem Essen machten wir einen langen Spaziergang
durch die Wiesen und Viehweiden an der Maas
und lagerten uns auf dem üppig hervorgrünenden Klee
an einem Damme, um die Sonne im Strom sich spiegeln
zu sehen. Seine ganze Oberfläche war wie der Sternhimmel,
nur unendlich dichter, mit funkelnden und flimmernden
Punkten besäet, indem der leichte Wind die
Oberfläche des Wassers kräuselte und in jedem Ränd-
chen, das sich erhob, ein Strahl zurückgeworfen ward.
Dichter und dichter gesäet, verschränkten sich in Reihen
und Glieder die Funken, bis sie senkrecht unter der
Sonne zusammenflossen in ein Silbermeer von Licht,
das blendend vor uns lag. Die zarten Blüten unseres Rasenbettes
hielten wir über uns in das Licht, gegen den
Azur des Himmels: da schien uns ihr Rosenrot in das
unermeßliche Blau hineingehaucht; von der Sonne
durchschimmert, schien ihr Wesen von ätherischer Substanz;
so rein und zart sind die Farben und die Gewebe
der Tausendkünstlerin Natur!
Auf diesen schönen Abend folgte ein trüber, nebliger
Morgen. Wir ließen uns über die Maas setzen und fuhren
in einem offenen Wagen über die Insel Rosenburg
an den südlicheren Arm desselben Flusses, wo wir nochmals
übersetzen mußten, um unsern Einzug in die nette
kleine Festung Briel zu halten, den ersten festen Platz,