von der Art gedacht hat. Damit man die Heiligen auch
kennen möge, hält jeder etwas in der Hand: Johannes
das Sinnbild des Glaubens, den Kelch mit der Schlange,
Jakobus den Pilgerstab, die oben kniende Apollonia eine
Kneipzange, St. Stephan einen Stein, Laurentius seinen
Rost, Andreas sein Kreuz usf. Der heilige Augustin paradiert
im Vordergründe im prächtigsten Bischofsornat,
mit dem Krummstab in der Hand. So weit ist alles unter
der Kritik. Allein einzeln betrachtet sind die Köpfe und
die Figuren meisterhaft gearbeitet. In allem, was von
Rubens in dieser Sammlung hängt, finde ich nirgends
eine so richtige Akademie als Crayers bis zum Gürtel entkleideten
Andreas. Dem heiligen Lorenz hat er einen
sehr schönen, jugendlichen Kopf zugeteilt; Augustin
aber, ich weiß nicht, ob mit oder ohne Absicht des
Künstlers, ist ein echter Pfaffe. Das Kolorit sowohl als
die Stellung und Organisierung der Gruppen und die
Behandlungsart sind eines Wetteiferers ,von Rubens
vollkommen würdig, so schwerfällig auch das Ganze immer
bleibt.
Van Dycks Arbeiten in dieser Galerie sind zahlreich
und von mancherlei Art. Seine Porträts stehen mit denen
seines Lehrers Rubens ganz in gleichem Range;
manche sind unübertrefflich und trotzen der Kunst und
dem Pinsel selbst eines Venetianers. Seine Phantasie erhebt
zwar nicht so kühn den Fittich, aber sie ist züchtiger
und erlesener als die seines Lehrers; seine Farben
sind bescheidener und besser verschmelzt und grenzen
näher an italienische Wärme. Susanna im Bade ist jedoch
ein widriges Gesicht, das nicht einmal dieses Verdienst
der Farbe aufzuweisen hat. Die berühmte Grablegung
ist zwar herrlich koloriert, aber in der Zeichnung verunglückt;
zudem gehört es zu den schwersten Aufgaben
der Kunst, gerade dieser Szene ein eigentümliches, nicht
durch die Nebenidee der Religion hineingetragenes Interesse
zu geben. Das kleine Bild, wo Christus mit dem
von ihm geheilten Gichtbrüchigen spricht, hat eine fast
tizianische Wahrheit, der man aber wegen des äußerst
unedlen Christuskopfes nicht froh werden kann. Ebenso
ärgerlich find ich es, daß der travestierte Jupiter, der als
Satyr die schlafende Antiope überrascht, so ganz im Satyr
verloren, so ganz gemeiner Satyr ist und nur, weil
sein Adler sich blicken läßt, als Donnergott anerkannt
werden muß. Die Nymphe hat zwar eine frische Farbe;
aber so wunderschön ist sie eben nicht, daß sie eine Jupiters
Verwandlung verdiente. Eine Madonna mit dem
Christkinde und dem kleinen Johannes hat alle Vorzüge
der Farbe und des Fleisches, wiewohl dem Bilde noch
die letzte Hand des Künstlers zu fehlen scheint; es umschwebt
sie sogar etwas Weniges von der Anmut, die auf
diesem Boden nicht gewachsen, sondern jenseits der Alpen
her entlehnt ist. Allein das Schönste, was ich hier
von van Dycks Arbeit bemerke, ist sein lieblicher Sebastian,
in dessen Kopfe man eine idealisierte Ähnlichkeit
mit dem Künstler selbst nicht verkennen wird. Der
Augenblick dieser Komposition ist gut gewählt. Eben
bindet man ihn fest an den Baum, wo ihn die Pfeile seiner
Widersacher treffen sollen; mithin ist keine widrige
Empfindung früher rege, die den Eindruck stören
könnte, welchen der schöne, blühende Jüngling auf den
Zuschauer macht. Die Nebenfiguren sind ihm gehörig
untergeordnet, und die weißere Farbe seines zarten Leibes
dient dazu, ihn noch mehr vor ihnen auszuzeichnen.
Die Ausführung ist des Entwurfes wert, und meines
Erachtens hat die flämische Schule hier nichts
Vollkommeneres in Farbenmischung aufzuweisen. Ein
bescheidener Siegesgedanke scheint durch die Gelassenheit,
die auf dem Gesichte des Märtyrers ruhet, hindurchzustrahlen,
und dem Zuschauer bleibt nur der
Wunsch noch übrig, daß der erste Pfeil gerade durch das