hinein trägt, indem er sich mit diesem Ideal, das er zuvor
sich aus der Natur abzog, identifiziert und vor unsern
Augen mit dem Charakter auch die Handlungsweise, die
ganze Äußerungsart, ja sogar die Gestalt eines ändern
annimmt. Wenn nun die Schöpfungen anderer Künstler
nach Jahrtausenden noch bestehen und eben das wirken,
was sie neu aus der Hand des Meisters wirkten, so ist
hingegen die Empfänglichkeit, die Sonderungsgabe, die
bildende Energie des großen Schauspielers, die nicht
langsam und allmählich an ihrem Werke fortarbeitet,
bessert, ändert, vervollkommnet, sondern im Augenblick
des Empfangens schon vollendete Geburten in ihm
selbst offenbart, auf die bestimmteste Weise nur für das
Gegenwärtige berechnet. So glänzend ist der Anblick
dieses Reichtums in eines Menschen Seele, so hinreißend
das Talent, ihn auszuspenden, daß seine Vergänglichkeit
kaum befremdet. Man erinnert sich an jene
prachtvollen Blumen, deren Fülle und Zartheit alles
übertrifft, die in einer Stunde der Nacht am Stengel der
Fackeldistel prangen und noch vor Sonnenaufgang verwelken.
Dem so zart hingehauchten Leben konnte die
Natur keine Dauer verleihen, und - sie warf es in unfruchtbare
Wildnisse hin, sich selbst genügend, unbemerkt
zu verblühen, bis etwa ein Mensch, wie ich das
Wort verstehe, das seltenste Wesen in der Schöpfung, es
findet und der flüchtigen Erscheinung genießt!
Es reicht über den Kreis des Dilettanten hinaus, der
Humanität des Künstlers ein Denkmal zu errichten,
wenn diese Begeisterung, wozu sein Anblick erwecken
konnte, nicht etwa die Stelle vertritt. Du kennst ihn
schon: es ist unser I.* Du wirst ihn sehen und ihm danken;
das ist des Kommens wert!
Düsseldorf
Das finstre, traurige Köln haben wir recht gern verlassen.
Wie wenig stimmt das Innere dieser weitläuftigen,
aber halb entvölkerten Stadt mit dem vielversprechenden
Anblick von der Flußseite überein! Unter allen Städten
am Rhein liegt keine so üppig hingegossen, so mit
unzähligen Türmen prangend da. Man nennt sowohl
dieser Türme als überhaupt der Gotteshäuser und Altäre
eine so ungeheure Zahl, daß sie meinen Glauben übersteigt.
Gleichwohl ist neben so vielen kein Plätzchen
übrig, wo die Christen, die den Papst nicht anerkennen,
ihre Andacht frei verrichten dürften. Der Magistrat, der
den Protestanten bereits die freie Religionsübung innerhalb
der Ringmauern bewilligt hatte, mußte seine Erlaubnis
kürzlich wieder zurücknehmen, weil der Aberglaube
des Pöbels mit Aufruhr, Mord und Brand drohte.
Dieser Pöbel, der beinahe die Hälfte der Einwohner,
also einen Haufen von zwanzigtausend Menschen ausmacht,
hat eine Energie, die nur einer bessern Lenkung bedürfte,
um Köln wieder in einiges Ansehen zu bringen.
Traurig ist es freilich, wenn man auf einer Strecke von
beinahe dreißig deutschen Meilen so manche zum Handel
ungleich vorteilhafter als Frankfurt gelegene Stadt
erblickt, und es sich nun nicht länger verbergen kann,
daß mehr oder weniger ebendieselben Ursachen überall
dem allgemeinen Wohlstände kräftigst entgegengewirkt
haben, der sich nur in Frankfurt entwickeln konnte.
In Köln sollen viele reiche Familien wohnen; allein
das befriedigt mich nicht, solange ich auf allen Straßen
nur Scharen von zerlumpten Bettlern herumschleichen
sehe. Sooft ich hingegen nach Frankfurt komme, weide
ich mich mit herzlichem Genuß am Anblick des gemei