ren so natürlich zu, wie in der übrigen Welt. Die Häuser
sind nach Maßgabe der Bewohner sehr verschieden; ich
habe sehr ärmliche hölzerne Hütten und große steinerne
Häuser gesehen, breite Straßen und enge Gäßchen, einfach
und mit Farben angestrichene Bäume und einen
Wald, oder, mit dem Ritter von la Mancha zu reden, eine
Armee von beinahe zweitausend Windmühlen, worin alles,
was nur durch diese Vorrichtung bereitet werden
kann, bis zur Übersättigung der Wißbegierde fabriziert
wird. Der Schiffbau ist noch jetzt ein wichtiger Zweig
der hiesigen Betriebsamkeit, wiewohl er seit einiger Zeit
sehr abgenommen hat. Die Einwohner oder eigentlich
der Pöbel von Saardam besteht großenteils aus sogenannten
Patrioten, die sich während der letzten Unruhen
geweigert haben, für die Prinzlichgesinnten zu arbeiten
und jetzt zur Strafe von diesen keine Arbeit
bekommen. Das Häuschen, wo der Schöpfer der russischen
Despotie gewohnt hat, ist winzig klein und mit
einem ärmlichen Hausrat versehen. Seine Schlafstelle ist
in der Wand angebracht, und ich glaube nicht, daß seine
lange Figur darin hat ausgestreckt liegen können. Man
zeigt den Fremden sein »Éloge historique«, französisch
gedruckt, sein Bildnis in Kupferstich, das jemand aus
Paris hierher geschenkt hat, und eine kleine goldene
Denkmünze, etwa fünfzehn Dukaten schwer, ein Geschenk
der jetzigen russischen Kaiserin. Es ist merkwürdig
genug, daß dieser außerordentliche Mann gerade
das aus seinem Staate gemacht hat, was er hat machen
können und wollen. Eine andere Frage ist wohl, ob
es nicht zu wünschen wäre, er hätte etwas anderes gewollt
und gekonnt. Rußland hat nun eine Marine, aber
hat es auch Sitten? Damals war vielleicht so etwas zu
versuchen; jetzt dürfte selbst Peters große Nachfolgerin
die Aufgabe nicht mehr ausführbar finden; denn
die feine Verderbnis der neuesten Kultur, auf den rohen
Stamm der Barbarei geimpft, ist nur ein Hindernis
mehr.
Wenn auf der einen Seite die Verminderung des holländischen
Handels, die Stockung des Geldumlaufes, die
Einführung des Luxus und die Erschlaffung der vaterländischen
Sitten ein trauriges Bild der Vergänglichkeit
menschlicher Einrichtungen und des unausbleiblichen
Verfalles der Reiche im Gemüt des Beobachters zurücklassen,
so gibt es doch auch Gegenstände in Amsterdam,
die zu erfreulicheren Betrachtungen Anlaß geben und
den Zeitpunkt der gänzlichen Auflösung so weit in die
dunkle Zukunft hinauszurücken scheinen, daß die Einbildungskraft
wieder Feld gewinnt, sich noch ein blühendes
Zeitalter der Republik, wenn auch nicht in politischer
Hinsicht, so doch mit Beziehung auf die
Privatglückseligkeit der Einwohner, als Resultat einer
höheren Kultur und eines geläuterten Geschmacks, mit
frischen Farben auszumalen. An Mitteln zur Erreichung
dieses Endzweckes wird es nicht fehlen, wenn auch der
Handel noch ungleich größere Einschränkungen leiden
sollte; die Zinsen der bereits angelegten Kapitalien sind
fast allein hinreichend, die Einwohner zu ernähren. Im
Jahre 1781 hatten sie nicht weniger als achthundert Millionen
Gulden in Europa ausgeliehen. Die ungleich größeren
Summen, die im Warenhandel oder in den kostbaren
Anlagen unzähliger Fabriken sich verinteressieren;
die Fonds, womit die Walfisch- und Heringsfischereien
betrieben werden; die der Ost- und Westindischen
Kompanien; die eigenen Staatsschulden der Vereinigten
Niederlande; endlich der Ertrag des Erdreiches, wovon
ich nur beispielsweise anführen will, daß Nordholland
allein auf den drei Märkten von Alkmaar, Hoorn und
Purmerend in einem Durchschnitt von sieben Jahren
jährlich an Käse vierzehn Millionen Pfund verkauft hat:
machen zusammen eine Masse von Reichtum aus, wobei