zigpfünder, lange gezogene Röhre, Kartätschenbüchsen,
Graupen und was sonst im Zeughause oder auf den Wällen
zu bewundern ist; nicht die weite Aussicht von dem
höchsten Gipfel des Berges, wo Koblenz mit dem Rhein
und der Mosel landkartenähnlich unter den Füßen
liegt - nichts von dem allen konnte mich für den abscheulichen
Eindruck entschädigen, den die Gefangenen
dort auf mich machten, als sie mit ihren Ketten rasselten
und zu ihren räucherigen Gitterfenstern hinaus
einen Löffel steckten, um dem Mitleiden der Vorübergehenden
ein Almosen abzugewinnen. Wäre es nicht billig,
fiel mir dabei aufs Herz, daß ein jeder, der Menschen
zum Gefängnis verurteilt, wenigstens einen Tag im Jahre
mit eigenen Ohren ihr Gewinsel, ihre himmelstürmende
Klage vernehmen müßte, damit ihn nicht der tote Buchstabe
des Gesetzes, sondern eigenes Gefühl und lebendiges
Gewissen von der Rechtmäßigkeit seiner Urteile
überzeugte? Wir bedauern den unsittlichen Menschen,
wenn die Natur ihn straft und physisches Übel über ihn
verhängt; wir suchen sein Leid zu mildern und ihn von
seinen Schmerzen zu befreien: warum darf nicht Mitleid
den Elenden erquicken, dessen Unsittlichkeit den Arm
der beleidigten Bürgerordnung reizte? Ist der Verlust
der Freiheit kein hinreichendes Sühnopfer, und fordert
die strenge Gerechtigkeit noch die Marter des Eingekerkerten?
Mich dünkt, die Abschaffung der Todesstrafen
hat uns nur noch grausamer gemacht. Ich will hier nicht
untersuchen, ob ein Mensch befugt sein könne, einem
ändern das Leben zu nehmen; aber wenn es Güter gibt,
die unantastbar und allen heilig sein sollen, so ist das Leben
gewiß nicht das einzige, welches unter diese Rubrik
gehört; auch diejenigen Zwecke des Lebens gehören hierher,
ohne welche der Mensch seinen Rang auf der Leiter
der Wesen nicht behaupten kann, ohne welche er
Mensch zu sein aufhören muß. Die Freiheit der Person
ist unstreitig ein solches, von der Bestimmung des Menschen
unzertrennliches und folglich unveräußerliches Gut.
Wenn also der bürgerliche Vertrag ein so schreckliches
Übel, wie die gewaltsame Beraubung eines unveräußerlichen
Gutes, über einen Menschen um der Sicherheit aller
willen verhängen muß, so bleibt zu entscheiden übrig,
ob es nicht zwecklose Grausamkeit sei, das Leben durch
ewige Gefängnisstrafe in fortwährende Qual zu verwandeln,
wobei es schlechterdings zu keiner ändern Absicht
als zum Leiden erhalten wird, anstatt es durch ein Todesurteil
auf einmal zu enden? Die fromme Täuschung,
die man sich zu machen pflegt, als ob ein Delinquent
während seiner lebenslänglichen Gefangenschaft Zeit
gewönne, in sich zu gehen, eine sittliche Besserung anzufangen,
sich durch seine Reue mit Gott zu versöhnen
und für ein künftiges Leben zu bereiten, würde schnell
verschwinden, wenn man sich die Mühe gäbe, die Erfahrung
um Rat zu fragen, ob dergleichen Bekehrungen die
gewöhnlichen Folgen der ewigen Marter sind? Die finsteren,
modernden Gewölbe der Gefängnisse und die
Ruderbänke der Galeeren würden, wie ich fürchte, hierüber
schauderhafte Wahrheiten verraten, wenn man
auch nicht, durch richtiges Nachdenken geleitet, schon
im voraus überzeugt werden könnte, daß die Bekehrung
im Kerker zwecklos sein müsse, weil sie unfruchtbar
bleibt, und daß ein Augenblick wahrer Reue so viel wert
sei als ein in Tränen und Büßungen hingeschmachtetes
halbes Jahrhundert. Allein die Furcht vor dem Tode, die
nur durch eine der Würde des Menschen angemessene
Erziehung gemildert und in Schranken gehalten wird,
lehrt den Richter, das Leben in immerwährender Gefangenschaft
als eine Begnadigung schenken, und den Verbrecher,
es unter dieser Bedingung dankbar hinnehmen.
Auch hier wirkt also die Furcht, wie sie sonst immer zu
wirken pflegt: sie macht grausam und niederträchtig.