chen, bauschigen Unterröcke und ein Paar Pantoffeln
ohne Hackenstücke dazu, vollendeten den ganzen Anzug.
Nicht wahr, man muß außerordentlich schön sein,
um es in diesem Wildenschmuck noch zu bleiben? Wäre
diese Dirne einem Reisenden in Ost- oder Westindien
begegnet, so hätte er ihren barbarischen Kopfputz einer
Abbildung wert geachtet und über das Ungeheure und
Abenteuerliche im Geschmack der ungebildeten Völker
lang und breit disseriert; denn wir bedenken nie, wie
ähnlich wir den Wilden sind und geben diesen Namen
sehr uneigentlich allem, was in einem anderen Weltteile
nicht parisisch gekleidet ist. In Alkmaar und Enkhuisen
und überhaupt in Nordholland ist die Tracht dieses
Mädchens allgemein üblich. Wir sahen sie in dem durch
Peter den Großen so berühmt gewordenen Saardam, wo
sonst die Weiber über die gewöhnliche holländische
Kleidung mit schwarz seidenen Nonnenkappen erscheinen,
die hinten und vorn den Hals und die Schultern bedecken
und wunderhäßlich aussehen.
Saardam oder Zaandam, wie es sonst eigentlich heißt,
verdient sowenig wie der Haag ein Dorf genannt zu werden:
es ist ein großer Flecken, der allmählich zur Größe
einer Stadt herangewachsen ist und seine eigene Regierung
hat. Die Einwohner sind auch nichts weniger als
Bauern, wofür man sie gewöhnlich auszugeben pflegt,
sondern reiche Kapitalisten, Schiffbaumeister, Handwerker
aller Art und Arbeiter in den unzähligen Fabriken,
Werften und Mühlen. Der Ort ist überaus niedlich und
reinlich; fast ein jedes Haus mit seinem Gärtchen ist
eine Insel und wird von einem Kanal umflossen. Da indes
das Wasser in diesen Kanälen jederzeit mehr oder
weniger stockt, so halte ich die Luft hier keineswegs für
gesund. Die Straßen sind äußerst sauber und regelmäßig
mit kleinen Backsteinen gepflastert; es ist aber dessen-
ngeachtet von der übertriebenen Reinlichkeit keine
Spur, worin, wie man uns versichert hatte, Saardam mit
dem schönen Dorfe Broek Übereinkommen soll. Broek
wird von reichen Kaufleuten aus Amsterdam bewohnt,
die dort die ländliche Ruhe genießen und nur - noch
täglich auf der Börse erscheinen. So ein holländischer
Alfius* hat also, wie Du siehst, noch über den römischen
zu raffinieren gewußt und verbindet das Landleben
mit dem Aktienhandel, da Horaz dem seinigen nur
die Wahl läßt:
jamjam futurus rusticus,
omnem redegit Idibus pecuniam;
quaerit Calendis ponere.*
Dort soll man wirklich die Schuhe ausziehen müssen,
ehe man durch die Hintertür in den Tempel der holländischen
Reinlichkeit eingelassen wird; dort sind die
Häuser und die Bäume mit bunten Farben bemalt; die
Eigentümer selbst genießen die altmodischen Herrlichkeiten
nicht, die sie dort angehäuft haben, und - sonderbar
genug! - sie wissen nicht einmal von jenem Genüsse
der Ostentation, die so gern mit ihren Schätzen
prunkt; das Bewußtsein, sich einen solchen Raritätenkasten
erbaut zu haben, genügt ihnen so vollkommen, daß
ein Fremder selten Erlaubnis erhalten kann, seine Neugier
darin zu befriedigen. Um sie her herrscht eine Totenstille;
kein lebendiges Geschöpf darf sich dem Dorfe
nähern, aus Furcht, es zu verunreinigen; alle Türen sind
verschlossen, die kostbaren Vorhänge tief herabgesenkt,
und nichts regt sich, außer dem Wucherer, der im verborgensten
Kämmerchen in seinem Golde scharrt.
Wir nehmen diese Beschreibung auf Treu und Glauben;
denn es bleibt uns keine Zeit übrig, uns durch
eigene Erfahrung von ihrer Richtigkeit zu überzeugen.
In Saardam, wie gesagt, geht es mit Menschen und Tie