oder des Grundvertrags zwischen ihm und den Belgiern
förmlich widerrufen und vernichtet hatte. Hierauf erfolgte
noch am 18. Junius (1789) die Aufhebung der
Stände selbst, wie im Hennegau.
Unter allen diesen mitwirkenden Ursachen, die das
Feuer der Empörung heimlich anfachten, war keine dem
Kaiser so wichtig und so bedenklich als die unbedingte
Macht der Geistlichkeit über die Meinungen des Volkes.
Er erkannte jetzt zu spät, daß, die Zeit allein etwa ausgenommen,
nichts vermögend sei, den nachteiligen Eindruck
auszulöschen, den der Fanatismus in einem abergläubischen
Volke gegen ihn heraufzaubern konnte.
Solange die Reformen nur die bürgerlichen Verhältnisse
des Staats und seiner Glieder betrafen, hatte man sich
zwar widersetzt, jedoch nicht aufgehört, den Landes-
herm zu ehren und alle Pflichten gegen ihn zu erfüllen.
Hingegen von dem Augenblick an, wo die Priesterschaft
seinen Glauben verdächtig machen und seinen Einrichtungen
den Anstrich gotteslästerlicher Eingriffe in die
Mysterien der Religion geben konnte, verwandelte sich
die Achtung seiner Untertanen in Abscheu und Haß.
Die furchtbare Beschuldigung der Ketzerei hatte noch
jetzt in den Niederlanden dieselbe Kraft, wie vor dreihundert
Jahren im übrigen Europa; sie löste alle Bande
der Pflicht und der Menschheit und raubte dem Beschuldigten
alle Rechte. Joseph empfand also noch am
Schlüsse des achtzehnten Jahrhunderts die ganze unwiderstehliche
Gewalt der theologischen Zauberformeln,
die vor alters seine Vorfahren auf dem Kaiserthrone so
tief gedemütigt hatten. Er empfand vielleicht noch
mehr: vielleicht schmerzte ihn wirklich, in dem zerrütteten
Zustande, worin sich seine ganze Organisation so
kurze Zeit vor ihrer Auflösung befand, die verlorne
Liebe dieses verblendeten Volkes. Das Glück der Untertanen
hatte ihm bei allen seinen Reformen am Herzen
gelegen; sie hatten dieses Ziel verfehlt, und er nahm sie
zurück. Am 14. August erschien wirklich ein neues
Edikt, wodurch die Universität zu Löwen in alle ihre Gerechtsame
wieder eingesetzt und die bischöflichen Semi-
narien von neuem eröffnet wurden. Allein der Zeitpunkt,
worin diese Handlung die Gemüter hätte
besänftigen können, war verstrichen; das Zutrauen des
Volkes war dem Monarchen entrissen; eine leidenschaftliche
Erbitterung hatte sich aller Belassen bemächtigt und
sie alle gegen ihn unempfindlich gemacht. Man schrieb
der Ohnmacht, der Furcht, der Verstellung eine Nachgiebigkeit
zu, woran dieses Mal die Güte wirklich teilgehabt
haben konnte; und im Taumel der Freude über diesen
Triumph fing man an zu glauben, das Volk dürfe nur
wollen, um von seinem Herzog unabhängig zu sein.
Die demokratische Partei blieb bei dieser Lage der Sachen
nicht untätig. Der Advokat Vonck entwarf den be-
rühmten Plan einer Assoziation, die er pro aris et focis
nannte, und wozu er sich nur mit sieben anderen Verschworenen
(Verlooy, Torfs, Kant, Weemaels, Daubre-
mez, Fisco und Hardi) verband. Diese beeidigten jeder
anfänglich sieben bis zehn neue Mitglieder, welche wieder
andere aufnahmen, so ging es fort ins Unendliche.
Jeder Verschworene gab sich einen Namen, den er auf
eine Karte schrieb: derjenige, der ihn aufgenommen
hatte, schrieb den seinigen dazu und ließ die Karte auf
diese Art an die ursprünglichen Häupter des Bundes gelangen.
Solchergestalt übersahen diese auf einen Blick
die Anzahl der Verbündeten, und außer ihnen wußte
niemand den ganzen Zusammenhang der Verschwörung.
Städte und Dörfer wurden auf diesem Wege zu
einem gemeinschaftlichen Zwecke vereinigt; man leitete
alles dahin ein, zu gleicher Zeit im ganzen Lande durch
eine gewaltsame und plötzliche Anstrengung die Macht
des Kaisers zu bezwingen, ohne zuvor das geringste von