»Das Gesehene ist bekannt, wenigstens das meiste,
also kann nur mein Empfinden und mein Denken
oder Räsonieren darüber das Wesentliche sein.«
So stellt Georg Förster in einem Brief an den Berliner
Verleger und Freund Spener seine Ansichten vom Niederrhein
vor. Welchen Gewinn hat also der Leser einer Reisebeschreibung
zu erwarten, die schon im Titel - Ansichten
- wenig Aufregung verspricht? Man bietet ihm keine
Nachrichten von fernen, unbekannten Ländern und
wohl auch keine Abenteuer, die unter Gefahren und
Mühen bestanden wurden. Dagegen soll er Bekanntes
unter neuem, subjektivem Blickwinkel entdecken.
Nun, für seine Zeitgenossen war Förster noch ein Reiseführer
im wahrsten Sinne des Wortes. So wissen wir
von einem jungen Kölner, Sulpiz Boisseree, der auf seiner
Reise nach Antwerpen stets Försters Ansichten mit
sich führte und mit ihm die herrlichen Zeugnisse mittelalterlicher
Baukunst bewunderte. Später widmete er sich
zusammen mit seinem Bruder Melchior sehr intensiv
dem Studium der mittelalterlichen Kunst in Deutschland.
Am stärksten beeindruckt hatte den begeisterungsfähigen
jungen Mann aber Försters Begegnung mit dem
Kölner Dom und sein Bedauern darüber, daß dieses Bauwerk
unvollendet bleiben sollte. Boisseree begann mit
eigenen • Studien und Vermessungen am Kölner Dom
und wurde zur treibenden Kraft, als es um die Wiederaufnahme
der Bauarbeiten ging. Ab 1842 wurde endlich
weitergebaut, bis 1880 das Werk vollendet war.
Auch der heutige Leser kann Försters Ansichten noch
als Reisebegleiter benutzen, der ihn zu den großen Sehenswürdigkeiten
führt und sie ihm erklärt. Für ihn hat