guiert hatte, ward eine ganz kurze Formel in allgemeinen
Ausdrücken adoptiert, die alles so unbestimmt ließ,
wie beide Parteien es wünschen konnten, um bei einer
scheinbaren Übereinkunft sich zu überreden, man habe
auf keinen Anspruch Verzicht getan. Diese Feierlichkeit,
wobei sich, wie ich Dir schon erzählt habe, der Herzog
von Ursel und van der Noot zum Zeichen der Versöhnung
beider Parteien umarmten, ward am 9. März
vollzogen, und gleich darauf wies auch der hohe Rat
oder Justizhof von Brabant die Bitte um Aufhebung der
patriotischen Gesellschaft als unstatthaft zurück. Dagegen
aber kassierte der Kongreß, als Souverän der Niederlande,
bereits am 13. März ein Regiment von besoldeten
Truppen, welches den Einfall gehabt hatte, nach dem
Beispiele der Freiwilligen, dem Volke den Eid der Treue
schwören zu wollen.
Walckiers hatte indessen den Ehrgeiz der Minister
und der Stände zu tief beleidigt, und sein hochfliegender
Patriotismus war ihnen zu furchtbar geworden, als
daß sie nicht vor allem seinen Sturz hätten beschließen
sollen. Man griff ihn von der einzigen Seite an, wo er
verletzbar blieb, das ist: man wirkte durch eine Überschwemmung
von fliegenden Blättern und durch öffentlich
ausgestreute Beschuldigungen auf die Leichtgläubigkeit
des unwissenden und immer noch von Priestern
beherrschten Volkes. Es gelang den Emissarien der
Geistlichkeit und der Aristokratie, den Samen des Mißtrauens
unter die Bürger von Brüssel und sogar unter die
Freiwilligen auszustreuen; es gelang ihnen, sie zu trennen,
indem man den Grund einer verabscheuungswürdigen
Verschwörung aufdeckte, einer Verschwörung, wodurch
eine geringe Anzahl von Ehrgeizigen, unter dem
Vorwande, das Volk in seine Souveränitätsrechte einzusetzen,
sich selbst der Regierung zu bemächtigen gedächten.
Walckiers, sagte man, sei das Haupt des Komplotts;
die Offiziere der Freiwilligen wären seine
Verbündeten, und eine Nationalversammlung, die man
berufen wolle, würde nur als Werkzeug ihrer Tyrannei,
nach dem Beispiel der französischen, alle Rechte der
Bürger umstoßen, die Altäre berauben und die heiligen
Diener der Religion mißhandeln.
Hatte denn, wirst Du fragen, das Volk von Brüssel in
einer so langen Periode von politischer Gärung noch
nicht gelernt, gegen Verleumdungen auf seiner Hut zu
sein und seinen Verdacht aus reineren Quellen als den
Broschüren des Tages zu schöpfen? Hatte es noch nicht
Gelegenheit genug gehabt, den Charakter der verschiedenen
Häupter der Parteien zu ergründen und ein Urteil
über sie zu fällen, welches nicht von jedem Hauche verändert
werden konnte? Unstreitig muß sich jedem Unparteiischen
bei einer so plötzlichen Umstimmung der
Gemüter der Gedanke lebhaft vergegenwärtigen, daß gerade
die Wahrscheinlichkeit der Beschuldigung diese
große Wirkung hervorgebracht habe. Auch ohne etwas
von wirklich vorhandenen geheimen Absichten, von
einem trüglichen dessous des cartes zu ahnen oder zu
glauben, konnte gleichwohl die Schilderung wahr und
treffend sein, die man im voraus von einer niederländischen
Nationalversammlung entwarf. Sie mußte, wenn
sie Gutes bewirken wollte, die bisherige Verfassung vernichten
und die Mißbräuche ausrotten, welche der moralischen
Freiheit, dieser einzig wahren Quelle der bürgerlichen,
entgegenwirkten; sie wäre folglich dem Klerus
und besonders der Ordensgeistlichkeit furchtbar geworden.
Nach dem Zustande der Aufklärung in den belgischen
Provinzen und nach der Seltenheit gründlicher
Einsichten und großer Talente zu urteilen, war endlich
auch, ohne dem Patriotismus der Demokraten zu nahe
zu treten, die Prophezeiung, daß die Nationalversammlung
nur ein Instrument in den Händen weniger Dem