liehen Vertrauten der Götter nicht bloß zu verzeihen,
sondern zu billigen, ja zu gebieten wagten, was die Natur
als Verbrechen verabscheuet - werden hier allein die
Verirrungen der wider sich selbst wütenden Menschheit
ohne Folgen geblieben sein? Nimmermehr. Lieber
leugne man allen Zusammenhang und jede Beziehung in
der Natur; man lästre die unverbrüchliche Treue, womit
sie an ihren Gesetzen hängt, ehe man zweifelt, ob das
Verzichttun auf den Gebrauch der Vernunft und ob die
Betäubung des moralischen Gefühls eine andere Wirkung
haben könne, als immer zunehmende Entartung!
Seit jener unglücklichen Epoche, da hier die Philippe
und die Albas mordeten, da das Blut der freien Edlen
auf dem Richtplatze floß, erwähnt die Geschichte diese
Provinzen nur dann, wenn fremde Kriegsheere sie zum
Kampfplatz wählten oder wenn sie als ein Erbgut aus
einem Fürstenhause in das andere übertragen wurden.
Nie wieder erwachte in ihnen ein eigentümlicher Geist,
nie erhob sich aus ihrer Mitte ein großer Mann! In Untätigkeit
versunken, behaupteten sie nie die Rechte der
Menschheit gegen die übermütigen Nachbarn, die ihrem
Oberherrn das harte Gesetz vorgeschrieben hatten, die
Flüsse seines Landes zu verschließen* und seinen Städten
mit dem Handel auf dem Meere Wohlstand, Volksmenge
und Mittel zur Bildung des Geistes zu rauben.
Bei Josephs Versuche, dieses widernatürliche Joch abzuwerfen,
verhielten sich die Brabanter leidend und die
Flamen sträubten sich: jene glaubten am Speditionshandel
hinlänglich Ersatz für die gesperrte Schelde zu besitzen,
oder hatten sich schon gewöhnt, in ihren angeerbten
Schätzen unerschöpfliche Quellen des eingeschränkten,
stillen, müßigen Genusses zu finden; diese wollten
ihr Ostende dem Flor von Antwerpen nicht opfern. Der
Adel in beiden Provinzen befürchtete im vermehrten
Wohlstände des Bürgers Verminderung seines Einflusses
und Ansehens, und die Geistlichkeit, die in einigen
Provinzen zum Besitz der Hälfte und in Brabant voller
zwei Drittel von dem ganzen Landeigentum gelangt war,
begnügte sich an dem sichern Ertrage des fruchtbaren
Bodens.
Eine Zeitlang hatte zwar aus den Schutthaufen der
Freiheit die Kunst noch hervorgeblüht. Statt des Schwertes,
das den Belgiern aus der Hand gesunken war, hatten
sie den Pinsel ergriffen, denn plötzlich erlischt die Energie
des menschlichen Geistes nicht; in ihrem Wirken unterbrochen,
wirft sie sich gern erst in neue Kanäle. Der
Luxus der Hauptstadt, der gehemmte Umlauf ungeheurer
Kapitalien in den Handelsstädten, die Politik und die
Hoffart der Klerisei und der geistlichen Orden gaben anfänglich
den Künstlern Beschäftigung; allein auch diese
Periode war bald verflossen, und alles neigte sich unter
dem narkotischen Fittich der Pfaffenerziehung zum langen
Geistesschlafe. Um Gestalten hinzaubern zu können,
als lebten sie, um Menschen handelnd darstellen, ja
in Taten groß auch nur ahnen zu können, müssen frühzeitig
die Bilder des Mannigfaltigen den unbefangenen
Geist zur Tätigkeit wecken und die Begierde zu schaffen
in seinem Innern hervorrufen. Das träge Blut des Belgiers
vermochte dies nie von selbst. Als der Rausch, den
ihm die kriegerischen Zeiten zurückgelassen hatten,
gänzlich verdünstet, als van Dyck nach England verpflanzt
und zu früh gestorben war, da welkte die niederländische
Kunst, und jene sogenannten Malerakademien,
welche noch jetzt in Mechelen und Antwerpen
bestehen, sanken in eine Geringfügigkeit, die ärger als
Vernichtung ist.
Die mechanischen Künste haben sich länger gehalten,
weil die Art des Fleißes, welche kein Nachdenken erfordert,
sondern das Werk der Übung und Gewöhnung ist,
phlegmatischen Völkern zur ändern Natur werden kann