dieser Gründe sahen wir eine Grotte mit einem Springbrunnen,
der aber jetzt nicht floß. Das viereckige Bek-
ken von Stein unter der Nische (worin eine lesende
weibliche Figur von Marmor liegt) hat auf seinem Rande
folgende merkwürdige Inschrift: »Petrus Alexiowitz
Czar Moscoviae Magnus Dux margini huius fontis insi-
dens illius aquam nobilitavit libato vino hora post meri-
diem tertia die XVI.Aprilis anni 1717.«* Der große Stifter
des russischen Kaisertums hatte nämlich bei einem
Gastmahl, welches man ihm zu Ehren gab, ein wenig zu
tief ins Glas gesehen. Indem er nun hieherspazierte, um
in der frischen Luft die Dünste des Weins verrauchen zu
lassen, fiel er in das Wasserbecken, und es geschah, was
die Inschrift sehr zierlich und fein mit dem »libato vino«
ausdrückt.
Der sogenannte Große Markt ist wirklich nicht so
groß, wie man ihn sich nach diesem Beinamen vorstellen
möchte; allein das Rathaus mit seinem hohen gotischen
Turme ziert diesen Platz und gibt ihm Ansehen. Das
Einfache pflegt selten die stärkste Seite der gotischen
Bauart auszumachen; bei diesem Turme halten jedoch
die vielen kleinen Spitzen und einzelnen Teile den Beobachter
nicht ab, einen großen Eindruck von kühn und
leicht emporstrebender Höhe zu empfangen. Es wird
immer den Gebäuden in diesem Geschmack zum Vorwurf
gereichen, daß ihre Gestalten stachlig und gleichsam
zersplittert scheinen, zu scharfe, eckige, in die
Länge gezerrte Verhältnisse und Formen darbieten und
dem Auge keine Ruhe lassen. St. Michael steht nicht
übel auf der Spitze dieses Turms in kolossalischer
Größe, die jedoch von unten immer noch klein genug
erscheint, und mit dem besiegten Feinde zu seinen Füßen.
Auf dem benachbarten Giebel des Brauerhauses
steht des Prinzen Karl von Lothringen vergoldete Bildsäule
zu Pferde lange nicht so schön und gewiß nicht an
ihrem Orte; allein die Brüsseler scheinen diesen Fürsten
so lieb gehabt zu haben, daß sie ihn gern über ihren
Köpfen reiten ließen.
Zu den Veränderungen in Brüssel muß man noch die
seit der Aufhebung der Klöster angebauten Plätze rechnen,
auf denen jetzt schon eine große Anzahl neuer
Häuser stehen. Eins von diesen Klöstern, welches innerhalb
der Stadt ansehnliche Gärten besaß, brachte durch
seine Aufhebung zum ersten Mal den Einwohnern und
ihrem Handel einen wichtigen Vorteil, indem der Kaiser
daselbst einen schönen, geräumigen Platz zum Kornmarkte
einrichten ließ, auf welchem jeder Gattung von
Getreide ihr besonderer Ort angewiesen ist: es stehen
Pfähle errichtet, mit Brettern daran, worauf man »Bohnen
«, »Buchweizen«, »Weizen«, »Roggen«, »Hafer«,
»Gerste« usw. liest. In einer ändern Gegend baute man
nur noch im vorigen Jahre mehr als zwanzig neue Häuser
auf den Schutthaufen eines Klosters. Diese Veränderungen
und Verschönerungen einer Stadt, die, wenn
man einzelne Gebäude ausnimmt, im ganzen bereits an
Schönheit mit Berlin verglichen werden darf, werden
jetzt eine Zeitlang ins Stocken geraten; wenigstens werden
die noch übrigen Klöster vorderhand wohl von dem
Schicksal, das Joseph der Zweite ihnen drohte, ver- -
schont bleiben. Das fromme katholische Volk von Brabant
hängt mit ganzer Seele an seinem Herkommen in
der Religion wie in der Politik, und wenn man es aufmerksam
beobachtet, so begreift man nicht, wie es mög- *
lieh und wirklich geworden ist, daß dieses Volk mit der
Anstrengung eines Augenblicks seinen Oberherrn vertrieben
hat.
Die große Masse des Volks in Brüssel ist, soviel ich
nach dem Haufen urteilen kann, der sich in den Straßen
sehen läßt, nichts weniger als eine schöne Rasse. Sei es
verderbte Lebensart, Eigenheit des hiesigen Bodens