wenig bekümmert hatte, daß auch die jetzige ihren Mangel
noch nicht hinlänglich fühlte. Die Beschaffenheit des
Unterrichtes sollte zu gleicher Zeit für das Bedürfnis des
schönen Geschlechtes berechnet sein, und indem man
dieser empfänglicheren Hälfte unserer Gattung die
Quellen der Erkenntnis eröffnete, glaubte man mit
Recht auf eine dreifache Art für die Männer zu sorgen,
teils durch Erweckung eines edlen Wetteifers zwischen
beiden Geschlechtern, teils weil man ihrem häuslichen
Glück durch die Vervollkommnung ihrer Gattinnen und
Töchter zu vernünftigen und wohlunterrichteten Gesellschafterinnen
einen wesentlichen Zuwachs verschaffte;
teils aber auch, indem man die ersten Erzieherinnen der
künftigen Generation mit zweckmäßigen Kenntnissen
ausrüstete und ihre Urteilskraft schärfte und übte. Man
umfaßte die ganze Masse der Belehrung, deren man zu
bedürfen glaubte, in den fünf Klassen der Philosophie,
der Mathematik, der schönen Wissenschaften, der Tonkunst
und der Zeichenkunst. Zur Philosophie rechnete
man Naturkunde, Physik und Chemie sowie zur Mathematik
noch die Sternkunde. Die Ausführung dieses Planes
war dem Umfange und der Bestimmung desselben
sowie der Stadt und des Publikums würdig. Eine Million
Gulden - ich sage noch einmal: eine Million Gulden! -
wurden zusammengeschossen, und an der Heeren-
gracht, der vornehmsten Straße in der Stadt, erhob sich
ein prächtiger Bau, durchaus zu diesem Endzweck eingerichtet,
an dessen Fronton der Sinnspruch der Gesellschaft:
Felix meritis, in großen goldenen Buchstaben
prangt. Jede Klasse hat hier ihre eigenen Säle und Zimmer,
ihre Instrumente und anderweitigen Erfordernisse.
Der Konzertsaal ist eine schöne Rotunde, die beinahe
neunhundert Menschen enthalten kann und wo das Orchestra
nebst den Öfen und Luftzügen dem Baumeister
vorzüglich Ehre macht. Der Saal, wo man nach lebendigen
Modellen zeichnet, hat ebenfalls eine zweckmäßige
Einrichtung und Beleuchtung. Das physikalische Kabinett
und die Sternwarte im obersten Stock waren noch
nicht fertig; überall aber herrschte Vollständigkeit, Eleganz
und reiner Geschmack. Die gelehrten Mitglieder
bezeigen ihren Eifer durch die Vorlesungen, die sie zur
Belehrung der anderen halten. Einen schöneren Bund
der Menschen als diesen kann man sich nicht denken,
wo jeder in die gemeinschaftliche Masse bringt, was er
auf seinem Wege fand, es sei nun Gold oder Wissenschaft.
Die Anzahl der Interessenten soll sich gegenwärtig
beinahe auf eintausend belaufen.
Wie ungeduldig oder wie spöttisch würde man bei
dieser Erzählung in vielen Gesellschaften fragen, ob
denn dieses Institut gar keine Mängel habe? Es ist so
leicht, indem man tadelt, einige Kenntnisse geltend zu
machen, daß man gewöhnlich zuerst an allen Dingen das
Fehlerhafte hervorsucht und darüber oft ihre wesentlichen
Vorzüge vergißt; rezensieren und tadeln sind daher
im Wörterbuche manches jungen Gelehrten vollkommene
Synonyme. Ich gebe zu, daß eine strenge
Prüfung auch hier verschiedene Gebrechen entdecken
würde; allein ich kann mir jetzt den Genuß nicht schmälern
lassen, den ein so lebhafter Enthusiasmus für das
Gute gewährt. Man nannte uns einige demokratisch gesinnte
Kaufleute als die Hauptstützen dieses Unternehmens.
Die heitere Aussicht in die Zukunft, welche diese
Anwendung ihrer Kapitalien ihnen eröffnet, sollte ihnen
das traurige Andenken an ihre mißlungenen politischen
Plane aus dem Sinne schlagen helfen. Es kann nun
gleich gelten, welche Partei das Recht auf ihrer Seite
hatte: das erste Bedürfnis des Staates ist die Aufhellung
der Begriffe und Läuterung des Geschmackes, denn nur
auf diesem Wege wird ein richtiges Urteil über das
wahre Interesse des Bürgers möglich. Unwissenheit ist